Oberstes Gericht erhält Anklage aufrecht Pinochet muss weiter mit Prozess rechnen

Santiago (rpo). 15 Jahre nach dem Ende seiner Militärherrschaft in Chile muss Augusto Pinochet weiter mit einem Prozess rechnen. Der Oberste Gerichtshof Chiles bestätigte die Anklage gegen den früheren Präsidenten und General. Angehörige von Regimeopfern brachen in Beifall aus. Pinochet könne nicht ewig straffrei bleiben, sagte die Leiterin des Hinterbliebenenverbands, Lorena Pizzaro.

Die Anwälte des 89-jährigen Pinochet hatten bei der höchsten Rechtsinstanz Einspruch gegen das Urteil eines Berufungsgerichts eingelegt, wonach sowohl die Anklage als auch der gegen Pinochet verhängte Hausarrest Bestand haben. Das Oberste Gericht folgte jedoch der Entscheidung des Berufungsgerichts mit drei zu zwei Stimmen.

Die Anwälte haben immer wieder erklärt, ihr Mandant sei weder geistig noch körperlich in der Lage, einem Prozess zu folgen. Pinochet wurde Mitte Dezember des Mordes in einem Fall und der Entführung in neun Fällen während seiner von 1973 bis 1990 dauernden Militärherrschaft angeklagt und unter Hausarrest gestellt. Richter Juan Guzman hatte die Anklage im Zusammenhang mit Ermittlungen über die so genannte "Operation Condor" erhoben. Unter diesem Decknamen koordinierten in den 70er und 80er Jahre mehrere Militärdiktaturen in Südamerika die Verfolgung von Dissidenten.

Bei der "Operation Condor", die im Auftrag der Machthaber in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay ausgeführt wurde, töteten Agenten in den 70er und 80er Jahren weltweit mutmaßlich mehr als 200 Oppositionelle. Richter Guzmán versucht seit 1998, Pinochet den Prozess zu machen. Im Jahr 2000 hatte er bereits Anklage erhoben. Diese war allerdings im Juli 2002 vom Obersten Gericht wegen einer leichten Demenz Pinochets abgewiesen woden. Nach einem Auftritt Pinochets in einer US-Talkshow, wo Pinochet sehr aufgeweckt mit dem Moderator plauderte, revidierten die Gerichte die Einschätzung von Pinochets Gesundheitszustand jedoch.

Jubel bei Opfer-Familien

Die Familien von Opfern stießen Jubelschreie aus, als sie in den Gängen des Gerichts nach stundenlangem Warten vom Urteil hörten. "Wir vernehmen diese Entscheidung mit großer Freude, weil wir nun schon 30 Jahre ohne Nachricht von unseren Angehörigen warten", sagte die Vorsitzende des Vereins der verschwundenen Gefangenen, Lorena Pizarro. Auch eine kleine Schar von Pinochet-Anhängern hatte sich in dem Justizgebäude versammelt. Der ehemalige General und Vorsitzende der Pinochet-Stiftung, Cortes Villa, nannte die Entscheidung "schmerzhaft". Sie werde den Tod Pinochets beschleunigen.

Pinochet war am 22. Dezember aus einem Krankenhaus in Santiago entlassen worden, wo er fünf Tage wegen Herz-Kreislauf-Problemen behandelt worden war. Seit vergangenen Donnerstag befindet er sich in seiner Residenz im westlich von Santiago gelegenen Küstenort Los Boldos, wo er Weihnachten mit seiner Familie verbracht hatte. Pinochet regierte Chile nach einem Militärputsch von 1973 bis 1990. Während seiner Diktatur wurden rund 3000 Menschen ermordet oder verschwanden in Polizei- oder Militärgewahrsam.

(afp)
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