Prozess gegen Bürgerrechtler Peking lässt Demonstranten verhaften

Peking · Peking demonstriert seine Macht: Hunderte Polizisten sichern den Prozess gegen den führenden Bürgerrechtler Xu Zhiyong in Chinas Hauptstadt. Demonstranten werden verhaftet. Diplomaten sind besorgt.

Xu Zhiyong auf einem undatierten Foto aus seiner Haftzeit.

Xu Zhiyong auf einem undatierten Foto aus seiner Haftzeit.

Foto: dpa, Zhang Qingfang

Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen hat in Peking der Prozess gegen den prominenten chinesischen Bürgerrechtler Xu Zhiyong begonnen. Mehrere Hundertschaften der Polizei riegelten das Gericht im Westen der Hauptstadt am Mittwoch weiträumig ab.
Mehrere Unterstützer des Aktivisten wurden festgenommen. Einige riefen "Xu Zhiyong ist unschuldig" oder "Es gibt keine Menschenrechte in China", bevor Polizisten sie in einen Militärbus verfrachteten.

Der Jura-Dozent gilt neben dem inhaftierten Liu Xiaobo, der 2010 den Friedensnobelpreis erhalten hat, als der wichtigste Bürgerrechtler in China.

Vergeblich versuchte eine Gruppe ausländischer Diplomaten, darunter auch Vertreter aus Deutschland, Österreich, Großbritannien, Frankreich, den USA und Australien, als Beobachter an dem Verfahren teilzunehmen. Die Diplomaten mussten in einem Warteraum hocken. Ein Gerichtssprecher habe gesagt, es gebe nicht ausreichend Sitzplätze, und der Prozess sei nicht öffentlich.

"Wir machen uns Sorgen um die Meinungsfreiheit", sagte ein EU-Diplomat anschließend. Xu Zhiyong und andere Bürgerrechtler hätten lediglich ihre Meinung gesagt. "Und dafür sind sie verhaftet worden", sagte der Diplomat. Deswegen werde der Prozess aufmerksam verfolgt.

Die Anklage wirft Xu Zhiyong "Organisation einer Menschenmenge mit dem Ziel der Störung der öffentlichen Ordnung" vor. Dem 40-Jährigen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Er steht an der Spitze der "Bewegung der neuen Bürger", einer lockeren Gruppierung von Intellektuellen, die gegen Ungerechtigkeit, Korruption und Machtmissbrauch kämpft.
Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass seit Juli mindestens 65 Mitglieder der Bewegung festgenommen worden sind.

Der Jurist Xu Zhiyong hatte argumentiert, die Neue-Bürger-Bewegung agiere im Rahmen der Verfassung und befürworte "Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Gerechtigkeit" - alles Ideale, die mit den ursprünglichen Zielen des Sozialismus übereinstimmten.
Ähnlich wie die Führung würden sich auch die "neuen Bürger" für den Kampf gegen Korruption einsetzen, betonte er. Dafür suchten sie die Offenlegung von Einkommen und Eigentum von Politikern.

Seit dem langjährigen Dissidenten Liu Xiaobo, der 2009 trotz internationaler Proteste zu elf Jahren Haft verurteilt worden war, hatte kein anderer Bürgerrechtler so viele Intellektuelle hinter sich scharen können wie Xu Zhiyong. Der Jura-Dozent durfte schon länger vor seiner Verhaftung nicht mehr unterrichten und stand für drei Monate unter Hausarrest.

Menschenrechtsgruppen kritisieren die Welle der Unterdrückung von Kritikern und Aktivisten seit dem Amtsantritt des neuen Staats- und Parteichefs Xi Jinping. Erst vergangene Woche hatte Peking einen der bekanntesten uigurischen Regimekritiker festnehmen lassen. Das US-Außenministerium rügte das Vorgehen gegen den Ökonomen Ilham Tohti als Teil einer Reihe von Verhaftungen und Festnahmen von Anwälten, Internetaktivisten, Journalisten und religiösen Führern. Auch die EU verlangte Aufklärung.

(dpa)
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