Krise in Athen Papandreou verhandelt seinen Rücktritt

Athen (RPO). Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou steht offenbar vor dem Rücktritt. Am Sonntag trifft er mit Oppositionsführer Antonis Samaras zu einem Spitzengespräch zusammen. Samaras fordert seit Wochen Neuwahlen - oder Papandreous Kopf.

Ziel sei es, schnell zu einer Lösung zu kommen, erklärte Papandreou nach einer Sondersitzung seines Kabinetts zur Bildung einer Übergangsregierung. Das Treffen sollte noch am Sonntagabend stattfinden, wie das Büro des Staatspräsidenten mitteilte.

Papandreou hat sich zum Rücktritt bereit erklärt, sobald eine Übergangsregierung gefunden ist, die die notwendigen Reformen durchsetzen kann, damit das Land weitere internationale Finanzhilfen erhält. Neuwahlen könnten nach Vorstellung der Sozialisten im Februar stattfinden. Samaras fordert aber sofortige Neuwahlen.

Papandreou hatte den Präsidenten zuvor gebeten, mit Chefs aller Parteien "Möglichkeiten der Zusammenarbeit" auszuloten, wie Regierungssprecher Ilias Mossialos erklärte. "Wir rufen alle Parteien auf, sich konstruktiv zu zeigen, insbesondere die von Samaras", forderte Mossialos. Die Frage sei, ob Samaras gewillt sei, die nationalen Bemühungen zu unterstützen.

"Am Montag ein neuer Ministerpräsident"

Regierung und Opposition stehen bei ihren Verhandlungen unter dem Druck einer in wenigen Wochen drohenden Staatspleite. Regierungssprecher Elias Mossialos sagte im staatlichen Fernsehen, bis Montag sollte es einen neuen Ministerpräsidenten geben, Papandreou würde dann zurücktreten. Mossialos sagte der Nachrichtenagentur AP aber später, seine Äußerungen über einen neuen Ministerpräsidenten seien "ein persönlicher Wunsch" und keine offizielle Ankündigung.

Am Nachmittag war auch aus der Pasok zu hören, Papandreou könnte noch am Sonntag zurücktreten. Papandreou werde abtreten, sobald es eine Vereinbarung über eine Koalitionsregierung gebe, sagte Telemachos Hitiris, Mitglied der regierenden Pasok-Partei, am Sonntag im griechischen Fernsehen. Darin müsse aber auch das Ziel, der Chef und die Dauer der Koalitionsregierung festgelegt sein. Dies könne noch am Sonntagabend geschehen. "Wir müssen noch heute zu einer Lösung kommen, ansonsten erleben wir morgen die Hölle", warnte er. Der Koalitionsregierung müssten sowohl Politiker als auch Fachexperten angehören, fügte Hitiris hinzu. Neuwahlen sollte es geben, nachdem Griechenland die Forderungen der EU erfüllt habe. Dies werde im Januar oder Februar der Fall sein, sagte er.

Samaras spricht von Stabilität und Vertrauen

Am Montag treffen sich auch die Finanzminister der Länder der Euro-Zone. EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn appellierte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters an Griechenland, schnell eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, um das jüngste Rettungspaket für das Land auf den Weg zu bringen. Ansonsten stehe dessen Mitgliedschaft in der Euro-Zone auf dem Spiel.

Auch Oppositionsführer Samaras fand sich am Sonntag zu Gesprächen beim Staatspräsidenten ein. Bisher hat er in der Finanzkrise eine zweifelhafte Rolle gespielt. Einer Zusammenarbeit im nationalen Interesse hat er sich bisher verweigert und stattdessen Neuwahlen gefordert. Augenscheinlich liegt ihm der Machtgewinn mehr am Herzen als das Wohlergehen des Landes. Im Ausland hat das immer wieder für Fassungslosigkeit gesorgt.

Auf die neuen Appelle Papandreous reagierte Samaras auch am Sonntag zurückhaltend. "Wir müssen eine Botschaft von Stabilität und Vertrauen aussenden", entgegnete er am Sonntag zu Beginn der Gespräche mit dem Präsidenten. "Jeder muss seine Verantwortung übernehmen", sagte der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND). Nach dem Treffen bekräftigte er seine Forderung, Papandreou müsse zurücktreten, bevor es einen Durchbruch bei den Verhandlungen geben könne.

Samaras will sofortige Neuwahlen

Zudem hält Samaras weiter an seiner Forderung nach Neuwahlen fest. Eine gemeinsame Übergangsregierung mit den Sozialisten lehnte er ab. "Wir haben nicht um einen Platz in seiner Regierung gebeten", sagte der Vorsitzende der Neuen Demokratie. "Alles, was wir wollen, ist der Rücktritt von Herrn Papandreou, weil er zur Gefahr für das Land geworden ist. Wir bestehen auf sofortigen Neuwahlen." Samaras äußerte sich nicht dazu, ob er zu Verhandlungen mit der Regierung bereit sei, bekundete aber vage seine Bereitschaft zu "Mithilfe" bei der Lösung der Probleme des Landes. Voraussetzung: der Rücktritt.

Papandreou hatte zuletzt seinen Rücktritt nicht ausgeschlossen und die baldige Aufnahme von Koalitionsverhandlungen angekündigt. Aus Regierungskreisen hieß es dazu, die Hintergrundgespräche würden von Finanzminister Evangelos Venizelos geführt. Dieser solle auch Chef der neuen Regierungskoalition werden.

Venizelos der Mann der Stunde

Venizelos gilt schon länger als neuer starker Mann. In der Pasok zählt er als Papandreous schärfster Konkurrent. Im innenpolitischen Tauziehen haben Papandreou bereits mehrere Pasok-Abgeordnete die Gefolgschaft aufgekündigt. Offenbar vollzieht sich nun in diesen Stunden ein Deal. Der Sozialisten-Chef hatte seine Partei hinter den Kulissen um einen ehrenvollen Abgang gebeten.

Bei der Vertrauensabstimmung in der Nacht zum Samstag stimmten mehr Abgeordnete für den Regierungschef als seiner sozialistischen Partei Pasok angehören. 153 sprachen Papandreou ihr Vertrauen aus, 145 stimmten gegen ihn. Dem griechischen Parlament gehören 300 Mandatsträger an, 152 von ihnen sind Sozialisten.

Papandreou bezeichnet Neuwahlen als Katastrophe

In den vergangenen Tagen hatte Papandreou immer wieder um Unterstützung für das Ende Oktober nach einem Gipfel-Marathon von den Euro-Ländern beschlossene Rettungspaket geworben, das unter anderem einen Schuldenschnitt für Griechenland vorsieht. Papandreou sagte, diese Chance müsse ergriffen werden, vorgezogene Neuwahlen wären eine Katastrophe. Finanzminister Evangelos Venizelos, der gewarnt hatte, dass Griechenland sich weiterhin einer tödlichen Gefahr ausgesetzt sehe, sagte, die Übergangsregierung solle bis Ende Februar bestehen.

Papandreou erklärte, er habe die Vertrauensfrage gestellt, um einen sicheren Kurs für das Land zu gewährleisten - ohne Machtvakuum, ohne vorgezogene Wahlen. "Wir müssen organisiert vorgehen. Und ungeachtet der Entwicklungen muss das Land morgen ohne Turbulenzen regiert werden", sagte er. Die Sozialisten hätten das Kreuz der Reform getragen, doch eine Gruppe im Parlament sei nicht genug. "Diese große Aufgabe bedarf einer aufrichtigen und breiten Unterstützung."

(AP/AFP/RTR)
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