Krise in Griechenland Papandreou kündigt Kabinettsumbildung an - Opposition fordert Neuwahlen

Athen (RPO). Nach den Massenprotesten gegen die Sparpolitik seiner Regierung hat Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Kabinettsumbildung angekündigt. Er werde die Regierung am Donnerstag umbilden und im Parlament die Vertrauensfrage stellen, sagte Papandreou am Mittwochabend im griechischen Staatsfernsehen. Die Opposition fordert Neuwahlen.

Krawalle in Athen - Bürger protestieren gegen Sparpaket
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Aus Kreisen der konservativen Partei Neue Demokratie verlautete, eine Beteiligung an einer Einheitsregierung käme nur in Betracht, wenn die Bedingungen für die internationalen Hilfen neu verhandelt würden, was die Regierung ablehnt. Oppositionsführer Samaras forderte nach der Ankündigung des sozialistischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou für eine Kabinettsumbildung vorgezogene Wahlen. "Es ist klar, dass jetzt nun nur noch das Volk eine Lösung finden kann", sagte er im Fernsehen.

Ein Vertreter der griechischen Opposition hatte zuvor bestätigt, dass Papandreou mit dem Parteichef der Konservativen über eine Machtteilung verhandelt habe. In den Gesprächen mit Samaras werde die Möglichkeit der Bildung einer großen Koalition ausgelotet, hatte es noch am Mittwochabend geheißen.

Bedingung der Konservativen für die Teilnahme an einer großen Koalition sei, dass Papandreou von seinem Amt als Ministerpräsident zurücktrete und die neue Regierung über die bereits beschlossenen Sparmaßnahmen neu verhandle, sagte der Vertreter der Opposition, der mit Verweis auf die noch laufenden Verhandlungen anonym bleiben wollte.

Generalstreik in Athen

Ein 24-stündiger Generalstreik gegen den Sparkurs der Athener Regierung hatte am Mittwoch in Griechenland weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Busse, Bahnen und Schiffe fuhren nicht, Krankenhäuser erhielten nur einen Notdienst aufrecht. In Athen versammelten sich rund 20.000 Menschen zu einer Protestaktion. Am Mittwoch Nachmittag kam es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Gleichzeitig wackelte in Brüssel der Zeitplan für das neue Milliarden-Rettungspaket.

Für Donnerstag erwartet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin den designierten Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, für Freitag den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy.

In Paris teilte die Bewertungs-Agentur Moody's mit, sie prüfe die Herabstufung von drei französischen Banken wegen der Risiken aus einer möglichen Staatspleite Griechenlands. Es gehe um den Crédit Agricole, die BNP Paribas sowie die Société Générale. Alle drei Banken könnten unter einem Staatsbankrott oder einer Umschuldung Griechenlands leiden, erklärte Moody's.

Menge fordert Papandreous Rücktritt

In Athen forderte die Menge auf dem Syntagma-Platz in Sprechchören den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Von dem wenigen, was den Arbeitern geblieben sei, wolle die Regierung noch etwas streichen, klagte Ilias Iliopoulos, Generalsekretär der Gewerkschaft ADEDY. Etwa 5000 Polizisten waren im Einsatz, um die Demonstranten vom Parlament fernzuhalten. Papandreou traf sich derweil mit Staatspräsident Karolos Papoulias zu Gesprächen über die Finanzkrise.

In Brüssel drohte der Streit über die Gläubigerbeteiligung den Zeitplan zu torpedieren. Nachdem die Eurogruppe am Dienstag keine Fortschritte erzielte, wurde für Sonntag eine Krisensitzung in Luxemburg angesetzt. Doch auf die Frage, ob bis zum EU-Gipfel am 24. Juni ein Durchbruch gelingen werde, sagte der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden nur: "Das werden wir sehen."

Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus erklärte in Berlin, es gebe in weiten Bereichen Einigkeit; Details müssten aber noch geklärt werden.

Die Stimmung in Athen war zunächst ruhig. Kurzzeitig kam es an einem Eingang des Parlaments zu einem Handgemenge, als Demonstranten versuchten, eine Absperrung zu überwinden und Polizisten mit Plastikflaschen bewarfen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Nach Angaben der Polizei wurden zehn Demonstranten kurzzeitig festgenommen, nachdem sie versucht hatten, Abgeordnete am Betreten des Parlaments zu hindern.

Flugverkehr von Streik nicht betroffen

Wegen des Generalstreiks fielen auch Fernseh- und Radiosendungen aus. Der Journalistenverband beendete den Streik jedoch später, um über die Entwicklungen in Athen zu berichten. Auch der Flugverkehr war von dem Ausstand nicht betroffen. Die Fluglotsen hatten ihre Teilnahme abgesagt.

Die Regierung muss das Sparpaket über 28 Milliarden Euro für die Jahre 2012 bis 2015 noch in diesem Monat durch das Parlament bringen, um weitere Finanzhilfen zu bekommen. Um die Einsparungen zu erreichen, musste Papandreous Sozialistische Partei ihr Versprechen brechen, die Steuern nicht weiter zu erhöhen. Auf starken Widerstand stößt auch die Privatisierung von Staatsbetrieben.

(RTR/dapd/felt)
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