Griechenland Papademos muss erste Machtprobe bestehen

Athen · Der designierte griechische Ministerpräsident Lucas Papademos soll heute den Amtseid ablegen. Die Finanzmärkte setzen Hoffnungen in ihn. Aus seinem Kabinett macht der neue Retter bisher ein Geheimnis. Es ist die erste Machtprobe. Auch prominente Parteipolitiker sollen in der Regierungsspitze vertreten sein.

Entscheidende Figuren im griechischen Machtpoker
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Der 64-jährige ist ein erfahrener Banker. Seine Koalitionsregierung aus Sozialisten und Konservativen soll die Beschlüsse des EU-Gipfels Ende Oktober zum Rettungspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro sicherstellen. Papademos folgt auf Giorgos Papandreou, der das Amt des Ministerpräsidenten nach der Hälfte seiner vierjährigen Amtszeit aufgibt.

Die Übergangsregierung soll bis zu Neuwahlen kommenden Jahres im Amt bleiben. Wann die Wähler zu den Urnen gerufen werden, steht allerdings noch nicht wirklich fest. Bislang war häufig der 19. Februar als Termin genannt worden. Am Freitag schwieg sich Papademos allerdings dazu aus. Medienberichten zufolge soll er sich während der Verhandlungen gegen eine nur dreimonatige Regierungszeit gesträubt haben, weil die Frist nicht ännähernd ausreiche, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Allem Anschein nach gibt es nun noch weiteren Verhandlungsbedarf.

Es geht um nationale Geschlossenheit

Papdemos ist parteilos, muss aber mit den großen Parteien im Parlament zusammenarbeiten, um Mehrheiten organisieren zu können. Die Frage, ob er die zerstrittenen politischen Kräfte des Landes auf eine gemeinsame staatspolitische Verantwortung einschwören und einbinden kann, ist eine der entscheidenden in den Kommenden Monaten. An ihr wird sich das Wohl oder Wehe Papademos entscheiden.

So wird sich unter anderem an der Zusammensetzung des Kabinetts ablesen lassen, ob es Papademos gelungen ist, auch die Spitzen der Parteipolitik mit in die Regierungsverantwortung zu nehmen. Vor allem die Konservativen unter Antonis Samaras hatten sich dagegen gesträubt, um unbelastet in die Neuwahlen ziehen zu können.

Namen sind bisher nur Spekulation

Wenige Stunden vor der geplanten Vereidigung der neuen griechischen Regierung bleibt die Zusammensetzung des Kabinetts allerdings noch völlig unklar. Gespräche zwischen Papademos und den Parteien gingen am Donnerstagabend zu Ende, ohne das eine Ankündigung zur Vergabe der Ministerposten folgte. Vertreter der Parteien sagten der Nachrichtenagentur Reuters jedoch, dass der bisherige Finanzminister Evangelos Venizelos voraussichtlich sein Amt behalten werde.

Die Vereidigung der Regierung durch Präsident Karolos Papoulias ist für den heutigen Freitag um 13 Uhr vorgesehen.

Viel Lob für Papademos

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßten die Nominierung Papademos und erklärten, die Bildung einer Einheitsregierung schlage ein "neues Kapitel in Griechenland” auf. "Wir haben seit langem darauf hingewiesen, dass ein breiter politischer Konsens notwendig ist, um Griechenland aus der wirtschaftlichen Krise zu führen”, erklärten die beiden Politiker. Jetzt komme es darauf an, eine klare Botschaft auszusenden, um die europäischen Partner zu überzeugen, dass das Land bereit sei, "das Notwendige zu tun”, um seine Schulden zu verringern.

Wie schon für frühere Hilfen muss Athen im Gegenzug harte Sparauflagen erfüllen. Dem scheidenden Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou von der sozialdemokratischen Pasok-Partei war es in den vergangenen Monaten nicht gelungen, dafür eine stabile Unterstützung im Parlament zu erhalten. Papandreou hatte am Mittwoch offiziell seinen Rücktritt erklärt.

Bekenntnis zum Euro

Papademos legte nach seiner Ernennung ein Bekenntnis zum Euro ab. Die Teilnahme an der Gemeinschaftswährung sei eine "Garantie der Geldwertstabilität und ein Faktor wirtschaftlicher Stabilität” für Griechenland, sagte Papademos. Griechenland stehe "am Scheideweg”. Die Wirtschaft seines Landes stehe vor großen Problemen, der Weg werde nicht leicht sein.

Papademos war von 1994 bis 2002 Chef der griechischen Notenbank, anschließend bis 2010 Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Er genießt internationales Ansehen als Wirtschaftswissenschaftler und Finanzexperte. Zudem ist der als besonnener Pragmatiker geltende Grieche als überzeugter Europäer bekannt. Allerdings gibt es auch Zweifel an ihm. Als die Griechen für den Euro-Einstieg gefälschte Statistiken nach Brüssel meldeten, war er als Notenbank-Chef in einer zentralen Position.

Vorsicht an den Börsen

Die Börsen begrüßten derweil die politischen Neustarts in den Krisenstaaten Italien und Griechenland. Der Dow Jones legte bis Donnerstagabend um 0,4 Prozent auf 11.824 Punkte zu. Am Mittwoch, nachdem es in Griechenland zunächst nach Stillstand aussah, war der Leitindex an der Wall Street um knapp 400 Punkte eingebrochen. Auch der Standard & Poor's-Index (plus 0,2 Prozent) und der Nasdaq (plus 0,4 Prozent) legten am Donnerstag zu.

Allerdings ist das neu gewachsene Vertrauen noch ein zartes Pflänzchen. Investoren klagten am Donnerstag über die nagende Unsicherheit über den weiteren Fortgang der Euro-Krise. "In Europa stehen 17 Köche am Herd und außerdem die EZB. Man weiß einfach nicht, was sie tun werden und das multipliziert die Komplexität", sagte James Dailey von TEAM Financial Managers.

(pst)
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