Mindestens 60 Schiiten getötet Pakistanische Extremisten verüben Anschlag in Kabul

Kabul · Bei zwei Anschlägen in Afghanistan sind am wichtigsten Feiertag der Schiiten am Dienstag mindestens 60 Menschen getötet worden. In der Hauptstadt Kabul zündete ein Selbstmordattentäter am Aschura-Fest einen Sprengsatz vor einer Moschee und riss 56 Menschen mit in den Tod. Vier weitere schiitische Pilger wurden bei einem Bombenanschlag in der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif getötet.

Zahlreiche Tote bei Explosion in Kabul
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Zahlreiche Tote bei Explosion in Kabul

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Zu dem Anschlag in Kabul bekannte sich gegenüber pakistanischen Medien ein Mann, der nach eigenen Angaben der sunnitischen Extremistengruppe Lashkar-e-Jangvi angehört. Die Angaben konnten zunächst jedoch nicht überprüft werden. Es war der blutigste Angriff mit religiösem Hintergrund in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban vor zehn Jahren.

Der Attentäter in Kabul sprengte sich inmitten einer Menge von Männern, Frauen und Kindern vor dem schiitischen Abu-Fazl-Schrein nahe des Präsidentenpalastes in die Luft. Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Toten mit 56, darunter auch zwei Frauen und vier Kinder. Mehr als 160 Menschen wurden nach Krankenhausangaben verletzt.

Bei dem Anschlag in Masar-i-Scharif detonierte an einer Straße eine an einem Fahrrad befestigte Bombe, als eine Gruppe schiitischer Pilger vorbeifuhr. 21 Menschen wurden verletzt, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte. Eine weitere Bombe in der Nähe sei entschärft worden, teilte das Innenministerium mit. In der Stadt Kandahar riss eine Bombe an einem Motorrad einen Menschen in den Tod. Hierbei handelte es sich nach Angaben der Behörden aber nicht um einen Anschlag auf schiitische Pilger.

Taliban verurteilen Anschläge

Religiös motivierte Anschläge sind anders als im benachbarten Pakistan in Afghanistan selten. Das Innenministerium machte die Taliban und "Terroristen" dafür verantwortlich, ohne Details zu nennen. Die Taliban verurteilten ihrerseits in einer Erklärung die Bluttaten und beklagten den Tod von Unschuldigen.

Präsident Hamid Karsai sprach auf einer Pressekonferenz in Berlin von einem beispiellosen Anschlag. Es sei "das erste Mal, dass sich an einem solch wichtigen religiösen Feiertag in Afghanistan ein Terroranschlag von so schrecklicher Art ereignet", sagte Karsai nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

"Verbrechen gegen Muslime"

"Das ist ein Verbrechen gegen Muslime am heiligen Aschura-Tag. Wir Muslime werden diese Anschläge nie vergessen", sagte der höchste schiitische Geistliche Kabuls, Mohammed Bakir Schaikzada. Er erklärte, er könne sich nicht an einen ähnlichen Anschlag von diesem Ausmaß erinnern.

Nach der US-Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 war es zuletzt Anfang 2006 zu gewaltsamen Unruhen zwischen Schiiten und Sunniten gekommen. Dabei wurden während des Aschura-Festes in der westlichen Stadt Herat fünf Menschen getötet und mehr als 150 verletzt.

Schiiten machen rund 20 Prozent der 30 Millionen Einwohner Afghanistans aus, die meisten von ihnen sind ethnische Hasaras. Tausende Hasaras waren in den 1990er Jahren von den Taliban niedergemetzelt worden, die Aufständischen in Afghanistan - fast alle von ihnen sind Sunniten - hatten sich aber in den vergangenen Jahren auf Angriffe auf Truppen der NATO und afghanische Streitkräfte konzentriert.

(APD)
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