Geheimer Nato-Bericht Pakistan unterstützt offenbar die Taliban

London/Kabul · Der pakistanische Geheimdienst ISI unterstützt einem geheimen Nato-Bericht zufolge im Verborgenen die Taliban in Afghanistan. Wie britische Medien am Mittwoch unter Berufung auf das Dokument berichteten, ist Islamabad allen Dementis zum Trotz über den ISI nach wie vor mit den Aufständischen "eng verknüpft". Pakistans Außenministerin Hina Rabbani Khar wies die Vorwürfe bei einem Besuch in Kabul zurück.

 Die pakistanische Außenministerin Hina Rabbani Khar dementiert Verbindungen zwischen dem Geheimdienst und den Taliban.

Die pakistanische Außenministerin Hina Rabbani Khar dementiert Verbindungen zwischen dem Geheimdienst und den Taliban.

Foto: dapd, Ahmad Jamshid

Der Nato-Bericht basiert laut BBC auf Daten aus 27.000 Verhören von mehr als 4000 Kämpfern des Terrornetzwerks Al Qaida und der Taliban. Den Angaben zufolge wurde er im vergangenen Monat der Nato-Führung in Afghanistan übergeben. Darin heißt es laut der Zeitung "The Times", die Taliban seien davon überzeugt, dass sie nach dem Abzug der westlichen Truppen 2014 an die Macht zurückkehren werden. Auch viele Afghanen, darunter Teile der Regierung in Kabul, bereiteten sich auf eine Rückkehr der radikalen Islamisten vor.

"Der ISI ist über die Taliban-Aktivitäten und den Verbleib von ranghohen Taliban-Kämpfern vollständig im Bilde", heißt es den Medienberichten zufolge in dem Dokument weiter. Demnach kommen ranghohe Taliban regelmäßig mit Vertretern des pakistanischen Geheimdienstes zusammen. Über ein Netz von Mittelsmännern und Spionen könne der ISI zudem strategische Hinweise über die ausländischen Soldaten an die Taliban weiterleiten.

Dementi aus Pakistan

"Diese Vorwürfe wurden uns immer wieder gemacht. Wir verfolgen in Afghanistan keine heimlichen Pläne", versicherte Außenministerin Khar nach einem Treffen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai. "Pakistan unterstützt jede Friedensinitiative Kabuls." Ihr afghanischer Kollege Salmai Rasul sagte, "ohne ernsthafte regionale Zusammenarbeit wird es keinen Frieden geben".

Auch die Nato bemühte sich, die Bedeutung des Berichts herunterzuspielen. "Das ist nur eine Zusammenstellung von Informationen, die wir von Gefangenen bekommen haben", sagte der Sprecher der Nato-geführten Truppen in Afghanistan, Jimmie Cummings, der Nachrichtenagentur AFP. Er warnte davor, "irgendwelche Schlüsse auf der Basis von Taliban-Kommentaren zu ziehen".

Geheimdienst als Staat im Staat

Der Inter-Services Intelligence (ISI) ist der mächtigste Geheimdienst Pakistans. Formal ist er dem Premierminister unterstellt, de facto funktioniert er unter Führung der Streitkräfte wie ein Staat im Staat. Ebenso wie Kabul werfen die USA, deren offizieller Verbündeter Pakistan im Antiterrorkampf ist, dem ISI schon seit längerem ein doppeltes Spiel vor. Nach Angaben von Analysten will sich Islamabad auf diese Weise Einfluss in Afghanistan sichern.

Zwischen Afghanistan und seinem Nachbarn liegen die Beziehungen auf Eis, seit im September Karsais Friedensemissär Burhanuddin Rabbani von einem Selbstmordattentäter getötet wurde. Ein afghanischer Minister machte für dessen Tod pakistanische Spione verantwortlich. Der Besuch der pakistanischen Außenministerin in Kabul sollte das Eis nun brechen.

Die jüngsten Bemühungen um bessere Beziehungen zwischen Islamabad und Kabul könnten nach Einschätzung des pakistanischen Experten Rahimullah Yusufzai mit den jüngsten Initiativen Katars zugunsten eines Dialog zwischen Washington und den Taliban zusammenhängen. Beide Regierungen fühlten sich "außen vor gelassen" und könnten deshalb versuchen, ihre eigenen Strategien zu koordinieren.

(AFP)
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