Sprengsätze waren in Frachtflugzeugen Paketbomben: Frau im Jemen festgenommen
Washington (RPO). Im Fall der beiden an Bord von Frachtflugzeugen entdeckten Paketbomben ist eine Frau festgenommen worden, wie am Samstag aus jemenitischen Sicherheitskreisen verlautete. Sie stehe im Verdacht, die beiden Paketbomben aufgegeben zu haben.
Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hatte zuvor vor Reportern gesagt, die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten Informationen geliefert, die die Frau als Verdächtige identifizierten. Sicherheitskräfte hätten ein Haus umstellt, in dem die Frau vermutet wurde.
Unterdessen wurde bekannt, dass die in England entdeckte Paketbombe am Flughafen Köln/Bonn umgeladen wurde. Der in einem Container befindliche Sprengstoff sei mit einem Flieger aus Jemen in Köln gelandet und dort vom US-Paketdienst United Parcel Service (UPS) aufgenommen worden. Das teilte ein Sprecher der Londoner Polizei am Samstag mit. Das europäische Luftfrachtzentrum von UPS befindet sich am Flughafen Köln/Bonn.
Der Sprengstoff war am Freitag auf dem Weg in die USA in einem Frachtflugzeug auf dem englischen Flughafen East Midlands nördlich von Birmingham entdeckt worden. Eine weitere Bombe wurde in einem Flieger in Dubai gefunden. Die Paketbomben waren an jüdische Einrichtungen in Chicago adressiert.
Nach dem Fund der Paketbombenhaben die Behörden im Jemen 26 weitere verdächtige Pakete entdeckt. Mitarbeiter von Luftfrachtgesellschaften und der Frachtabteilung des internationalen Flughafens in Saana seien festgenommen worden, hieß es aus jemenitischen Ermittlerkreisen. Man wolle die Festgenommenen zu den verdächtigen Vorkommnissen befragen, hieß es weiter. Die Pakete würden derzeit untersucht.
Jemen leitet Untersuchung ein
Nach den Funden hatte ein jemenitischer Behördensprecher am Samstag mitgeteilt, dass sein Land eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet habe. Er sicherte zugleich zu, dass der Jemen im Kampf gegen Terrorismus weiter mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten werde.
Der Fund schürt derweil weltweit die Angst vor neuen Attacken der Al Qaida. Terrorfahnder vermuten hinter den versuchten Anschlägen einen Testlauf für größere Aktionen. US-Präsident Obama spricht von einer "glaubhaften Drohung". Verteidigungsminister zu Guttenberg mahnt auch Deutschland zu erhöhter Wachsamkeit.
Der deutsche Minister bezog am Rande des CSU-Parteitags in München Stellung zu den jüngsten Vorfällen. "Wir befinden uns generell in einer Situation, wo es immer wieder Terroranschläge geben kann", erklärte zu Guttenberg dem Sender Reuters TV. "Für manche ist es abstrakt, aber es ist hoch konkret. Und es äußert sich manchmal an den entlegensten Orten dieser Erde. Deshalb müssen wir darauf unser Sicherheitsdenken einstellen", sagte er.
Nach der Entdeckung der Paketbomben in zwei Frachtflugzeugen hatten die USA am Freitag ihre Terror-Abwehr hochgefahren. Die USA verdächtigen eine Al-Qaida-Gruppe, die bereits für den vereitelten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug an Weihnachten 2009 verantwortlich gemacht wurde.
Testlauf für internationale AnschlägeDas US-Sicherheitssystem hat nach Einschätzung des Weißen Hauses nach der Entdeckung der Pakete, die das US-Frachtunternehmen in die Vereinigten Staaten bringen sollte, gut funktioniert. Die zuständigen Stellen in den USA und im Ausland hätten schnell reagiert und die Pakete entschärfen lassen, sagte Obamas Sicherheitsberater John Brennan. Die ersten Hinweise waren vom Geheimdienst in Saudi Arabien gekommen.
Zuvor hatten die Behörden in Dubai nach eigenen Angaben ein Paket aus Jemen mit Sprengstoff an Bord eines Frachtflugzeugs entdeckt, das an eine jüdische Institution im Raum Chicago adressiert war. Ein zweites Paket aus dem Jemen wurde an Bord eines Flugzeugs in Großbritannien entdeckt. Es war ebenfalls an eine jüdische Organisation im Raum Chicago adressiert und stammte FBI-Angaben zufolge von dem gleichen Absender aus Jemen wie das erste. Es gibt Vermutungen, dass es sich um einen Testlauf für einen internationalen Terroranschlag handeln könnte.
Die Pakete enthielten ersten Analysen zufolge den Industriesprengstoff PETN. Die Abgeordnete Jane Harman, die auch Mitglied des Komitees für Heimatschutz ist, sagte der Zeitung "New York Times", dass es sich bei den Sprengsätzen um präparierte Tonerkartuschen gehandelt habe. Der eine Sprengsatz sei mit einem Zeitzünder ausgestattet gewesen, der zweite sollte per Mobiltelefon gezündet werden.
Experten warnen: Achillesferse Frachtverkehr
Ein Experte warnt vor Schwächen bei den Sicherheitskontrollen gewarnt. Frachtflüge seien schon immer die "Achillesferse" der Sicherheit in der Luftfahrt gewesen, sagte Chris Yates von der Fachzeitschrift "Jane's Aviation" am Samstag der britischen Tageszeitung "Daily Telegraph". Es sei "sehr schwierig", mit der eingesetzten Technik Container einer gewissen Größe gründlich zu überprüfen, der mögliche Einblick in die Frachtbehälter sei "minimal".
Auch David Learmount, Sicherheitsexperte beim Magazin "Flight Global", sagte der Zeitung, Frachtflugzeuge seien schon immer ein mögliches Ziel terroristischer Anschläge gewesen. In der Vergangenheit hätten Terroristen aber vor allem auf Passagierflugzeuge abgezielt.
Jemen reagiert überrascht
Das US-Frachtunternehmen UPS stoppte unterdessen mit sofortiger Wirkung die Beförderung aller Sendungen aus dem Jemen. Die jemenitische Regierung zeigte sich indes überrascht und warnte vor Vorverurteilungen. Kein Frachtflugzeug von UPS habe den Jemen verlassen. Es habe außerdem weder direkte oder indirekte Flüge zu britischen oder amerikanischen Flughäfen gegeben.
Ein Passagierflugzeug der Emirates Airlines mit Frachtladung aus dem Jemen an Bord wurde am Freitagabend unserer Zeit ab der kanadischen Grenze von zwei Kampfflugzeugen des US-Militärs nach New York eskortiert. Das Flugzeug landete dann auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen. Behördenangaben zufolge handelte es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Mehrere Frachtflugzeuge auf US-Flughäfen wurden nach verdächtigen Paketen untersucht. Gefunden wurde nach Behördenangaben nichts.
Lufthansa bleibt ruhig
Der Terroralarm hat auf die Deutsche Lufthansa nach Angaben des Unternehmens keine Auswirkungen. "Der Flugdienst läuft ganz normal", sagte ein Sprecher der Frachttochter Lufthansa Cargo am Samstag. Es gebe keine Konsequenzen für den Betrieb. Auch die Kontrollen würden nicht verstärkt. Auch im Personenverkehr der Lufthansa gab es nach Angaben des Konzerns keine Auswirkungen auf den Flugbetrieb.
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière sah nach den Vorfällen keine konkrete Bedrohung für Deutschland. "Es liegen keine konkreten Hinweise auf Anschlagsplanungen gegen Deutschland vor", erklärte er am Samstag in Berlin. Die deutschen Sicherheitsbehörden stünden mit den beteiligten und weiteren Staaten "im engsten Kontakt".