Alexander Sachartschenko Donezker "Präsident" ohne internationale Legitimität

Donezk · Aus dem Westen und Kiew kommt Kritik, die Bundesregierung erkennt die Wahlen in der Ostukraine nicht an. Russland dagegen unterstützt die Separatisten in den selbsternannten "Volksrepubliken". Einer, der sich schon jetzt als "Regierungschef" von Donezk bezeichnete und nun offiziell zum Wahlsieger gekürt wurde, ist Alexander Sachartschenko – ein Ex-Unternehmer und Lenin-Anhänger.

 Alexander Sachartschenko war bei den Gefechten gegen die ukrainischen Streitkräfte dabei.

Alexander Sachartschenko war bei den Gefechten gegen die ukrainischen Streitkräfte dabei.

Foto: afp, ss/ac

Aus dem Westen und Kiew kommt Kritik, die Bundesregierung erkennt die Wahlen in der Ostukraine nicht an. Russland dagegen unterstützt die Separatisten in den selbsternannten "Volksrepubliken". Einer, der sich schon jetzt als "Regierungschef" von Donezk bezeichnete und nun offiziell zum Wahlsieger gekürt wurde, ist Alexander Sachartschenko — ein Ex-Unternehmer und Lenin-Anhänger.

"Die Zentrale Wahlkommission erachtet Alexander Sachartschenko als den gewählten Anführer der Volksrepublik Donezk", teilte Kommissionsmitglied Roman Lygin am Montag in Donezk mit. Doch schon am Abend des Wahlganges ließ sich der vorhersehbare Sieger bejubeln. Der bisherige "Regierungschef" der ostukrainischen Separatistenhochburg Donezk ist nach Angaben der Rebellen mit 75 Prozent der Stimmen zum "Präsidenten" gewählt worden. Der frühere Geschäftsmann ist das lokale Gesicht einer Rebellion, die nach Überzeugung Kiews und mehrerer westlicher Regierungen von Moskau orchestriert wurde.

Die russische Regierung lässt auch am Tag nach der Wahl keinen Zweifel an ihrer Rückendeckung für die Separatistenführer in den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Das Außenministerium verweist auf die hohe Wahlbeteiligung und versichert, "den Willen der Bevölkerung in der Südostukraine" zu respektieren. Kiew verurteilt die Abstimmung hingegen als "Farce", die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnet die Wahlen als ein "neues Hindernis" für den Frieden in der Ukraine.

Für Einverleibung weiterer Gebiete

Sachartschenkos Aufstieg zum "Präsidenten" dürfte den Graben zwischen Kiew und den abtrünnigen Regionen in der Ostukraine weiter vertiefen. Der 38-Jährige fordert ganz offen die Einverleibung weiterer Gebiete im Südosten der Ukraine, darunter die umkämpfte Hafenstadt Mariupol. "Wir müssen alle Territorien zurückbekommen, die uns gehören — sei es durch Verhandlungen oder auf anderem Weg", sagt er.

In seiner offiziellen Biografie legt Sachartschenko Wert darauf, dass sein Vater 30 Jahre als Bergmann arbeitete — wie so viele Menschen im Donbass, dem ukrainischen Kohlerevier. Sachartschenko selbst ist vor Beginn des Ukraine-Konflikts als Unternehmer aktiv. Nach eigenen Angaben verkauft er Anfang 2014 sein Geschäft, um die Separatistenbewegung gegen die neue Zentralmacht in Kiew zu finanzieren.

Kräftig von Statur, pausbäckig und mit grünen Augen, ist Sachartschenko mit dabei, als die Separatisten im April die Regionalverwaltung von Donezk übernehmen und eine "Volksrepublik" ausrufen. Es ist der Beginn eines Konflikts, in dessen Verlauf bis Ende Oktober nach UN-Erhebungen mehr als 4000 Menschen getötet werden und fast eine Millionen Menschen die Flucht ergreifen.

Sachartschenko beteiligt sich an den Gefechten gegen die ukrainischen Streitkräfte, etwa in der Stadt Slawjansk. Zwei Monate dauert es, bis die Armee die Stadt zurückerobert hat. Im August wird der Mann mit dem dunkelblonden Kurzhaarschnitt als neuer "Regierungschef" von Donezk vorgestellt. Sachartschenko, der sich als Lenin-Anhänger präsentiert, tritt damit die Nachfolge einer ganzen Reihe russischer Staatsbürger an, die zuvor offiziell die Separatisten angeführt hatten.

Einer der Unterzeichner des Minsker Abkommens

Sachartschenko dementiert Berichte, wonach unter den "tausenden Freiwilligen" aus Russland auch Angehörige der russischen Streitkräfte sind. "Wenn Russland Truppen geschickt hätte, würden wir jetzt über Kämpfe in den Vororten Kiews oder über die Eroberung von Lemberg (Lwiw) sprechen", sagt er.

Er ist dabei, als Anfang September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk eine Waffenruhe zwischen Kiew und den Separatisten vereinbart wird. Er gehört zu den Unterzeichnern des Dokuments, das fast zwei Monate später noch immer nicht umgesetzt ist. Nach UN-Angaben wurden in den vergangenen Wochen hunderte Menschen bei Gefechten in der Ostukraine getötet.

Dass sein neuer Status als gewählter Präsident ihm international Legitimität verleihen könnte, glaubt auch Sachartschenko nicht. "Wahrscheinlich werden wir nicht anerkannt werden", sagt er über seine kleine "Volksrepublik". "Einerseits ist das schlecht, andererseits ist es gut, weil es bedeutet, dass wir keine internationalen Verpflichtungen haben."

(AFP/das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort