Oleg Tinkow Russischer Milliardär prangert russische „Massaker“ in der Ukraine an

Paris · Selbst unter dem Druck von Sanktionen schweigen die meisten russischen Milliardäre zum Krieg in der Ukraine. Oleg Tinkow bildet nun eine Ausnahme - verbreitet dabei aber neben Kreml-Kritik auch Falschinformationen.

 In Mariupol steht ein beschädigtes Fahrzeug mit dem aufgemalten Buchstaben «Z», der zum Symbol des russischen Militärs geworden ist.

In Mariupol steht ein beschädigtes Fahrzeug mit dem aufgemalten Buchstaben «Z», der zum Symbol des russischen Militärs geworden ist.

Foto: dpa/Alexei Alexandrov

Der russische Milliardär Oleg Tinkow hat der russischen Armee vorgeworfen, „Massaker“ in der Ukraine zu verüben. In einer Botschaft im Onlinedienst Instagram forderte Tinkow am Dienstag ein Ende des „irrsinnigen Krieges“ gegen das Nachbarland.

Damit bildet er unter den Russen eine Ausnahme. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Lewada zufolge stehen 81 Prozent der russischen Bevölkerung hinter dem Krieg in der Ukraine und dem russischen Vorgehen. Das Lewada Zentrum gilt als das einzige unabhängige Meinungsforschungsinstitut Russlands.

„90 Prozent der Russen sind gegen diesen Krieg“, schrieb hingegen der im Ausland lebende Oleg Tinkow, Gründer der Tinkoff-Bank. Nur eine Minderheit unterstütze den Krieg. „Aber zehn Prozent jedes Landes sind Idioten.“ Quellen für seine Darstellung legte Tinkow nicht vor. Sie widerspricht zudem den belastbaren Belegen über die Einstellung der russischen Bevölkerung.

Tinkow gehört zu jenen russischen Oligarchen, die wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt wurden. Er selbst sehe „keinen einzigen Profiteur dieses irrsinnigen Krieges“, der nur dazu führe, dass „unschuldige Menschen und Soldaten sterben“.

Laut Tinkow, der nicht in Russland lebt, herrscht in der russischen Elite Unmut über die Auswirkungen der westlichen Sanktionen gegen Moskau. Kreml-Beamte seien „schockiert“ angesichts der Tatsache, dass sie und ihre Kinder nicht mehr ihren Sommerurlaub am Mittelmeer verbringen könnten. „Unternehmer versuchen, das zu retten, was von ihrem Eigentum noch übrig ist“, schrieb Tinkow.

Auf Englisch richtete sich Tinkow an den Westen: „Bitte zeigen Sie Herrn Putin einen klaren Ausweg, mit dem er sein Gesicht wahren kann und durch den dieses Massaker gestoppt wird. Bitte seien Sie rationaler und menschenfreundlicher.“

In seinem Instagram-Post ging er demonstrativ mit der russischen Armee und dem Führungszirkel um Kreml-Chef Wladimir Putin ins Gericht. Die russischen Generäle hätten inzwischen erkannt, „dass sie eine Scheißarmee haben“, schrieb Tinkow. „Und wie sollte die Armee auch gut sein, wenn der ganze Rest des Landes beschissen ist und beschmutzt ist von Vetternwirtschaft, Speichelleckerei und Unterwürfigkeit.“

Die Tinkoff-Bank erklärte, sie werde die „private Meinung“ Tinkows nicht kommentieren. Der Unternehmensgründer sei kein Mitarbeiter der Bank mehr und schon lange nicht mehr in Russland gewesen. Überdies habe er „in den vergangenen Jahren mit gesundheitlichen Problemen“ zu tun gehabt.

Die russischen Behörden gehen massiv gegen Kritiker der Ukraine-Invasion vor. Auf Äußerungen, die nicht der von der Regierung vorgegebenen Sichtweise auf die Armee und den Krieg folgen, stehen bis zu 15 Jahre Haft.

(peng/AFP)
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