Gewalt trotz UN-Appell Offensive gegen Syriens Protesthochburgen

Kairo/Damaskus · Syriens Regime setzt trotz eines Appells des Weltsicherheitsrats zur Beendigung des Blutvergießens seine Offensive gegen die Opposition fort. Am Donnerstag nahmen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten die Protesthochburg Hama ein. Landesweit starben demnach mindestens 30 Menschen.

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Foto: dapd, Bilal Hussein

Die Türkei hat unterdessen ihr Vertrauen in die Zusagen des Regimes von Baschar al-Assad verloren. "Assad hat unter vier Augen Versprechen gemacht, die er nie hielt", sagte Außenminister Ahmet Davutoglu in Wien.

Am Vortag hatte sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach siebenmonatigem Schweigen auf eine Präsidentielle Erklärung zu der Krise geeinigt, in der sich das Gremium "tief besorgt über die sich verschlechternde Situation" äußerte. Eine Präsidentielle Erklärung ist nicht bindend und kann keine Sanktionen enthalten.
Resolutionen wurden bislang vor allem von Russland blockiert.

Seit Beginn der Massenproteste gegen Assad vor einem Jahr kamen nach UN-Schätzungen mehr als 8000 Menschen ums Leben. In den vergangenen Monaten eskalierte die Gewalt. Oppositionelle kommentierten den jüngsten UN-Appell nun mit den Worten, dass solche Erklärungen dem Regime lediglich Zeit ließen, weiter zu töten.

90 Panzer stürmen Hama

In Syrien ging das Blutvergießen so auch am Tag darauf unvermindert weiter. Soldaten des Assad-Regimes rückten, unterstützt von rund 90 Panzern, in die Stadt Hama vor, wie der Oppositionelle Saleh al-Hamawi der Nachrichtenagentur dpa sagte. Dem nächtlichen Beschuss folgten am Morgen Verhaftungen, hieß es. Männer hätten sich im Stadtzentrum ausziehen und in einer Reihe aufstellen müssen. Dann seien sie in Bussen an einen unbekannten Ort gebracht worden.

Wegen der Medienblockade des Regimes sind Meldungen aus Syrien von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen. In den vergangenen Wochen hat die syrische Armee bereits in dem lange umkämpften Homser Viertel Baba Amro, der Stadt Idlib und Deir as-Saur an der Grenze zum Irak die Kontrolle übernommen.

Angriffe auf Homs

Erneute Angriffe gab es nach Oppositionsangaben auf die Unruheprovinz Homs. Im Umland von Damaskus habe es Angriffe auf den Ort Harasta gegeben. In der südlichen Provinz Daraa sei ein Soldat bei einer Attacke von Deserteuren auf ein Militärfahrzeug getötet worden. Bei Angriffen auf die Stadt Sermin kamen nach Angaben von Oppositionellen zehn Flüchtlinge ums Leben, darunter Kinder. Sie seien in einem Bus auf dem Weg zur türkischen Grenze gewesen.

Nach dem UN-Sicherheitsrat will auch die Europäische Union den Druck auf Assad weiter erhöhen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte im Deutschlandfunk, geplant seien "neue Sanktionen - nicht nur gegen das Assad-Regime, sondern auch gegen sein Umfeld". Bei ihren Treffen in Brüssel wollen die EU-Außenminister am Freitag unter anderem Einreiseverbote erlassen. Geplant ist nach Angaben von Diplomaten auch, Vermögen innerhalb der EU einzufrieren. Im Visier steht dabei auch Assads Ehefrau Asma, die in den vergangenen Jahren immer wieder größere Einkaufstouren in Europa unternommen hatte.

Der türkische Außenminister Davutoglu wollte am Freitag in Brüssel Gespräche über eine möglichst breite Koalition zur Beendigung des Konflikts führen. Auch die Arabische Liga solle in das Vorhaben einbezogen werden, sagte Davutoglu. "Wir wollen auch mit dem Iran darüber sprechen." Teheran gilt als Unterstützer des Assad-Regimes.

(dpa)
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