Afghanistan Offenbar hohe Beteiligung bei Präsidenten-Stichwahl

Kabul · Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat die Bevölkerung Afghanistans am Samstag über den künftigen Präsidenten des Landes entschieden. Als Favorit ging Ex-Außenminister Abdullah Abdullah in die Stichwahl, er hatte im ersten Durchgang Anfang April die meisten Stimmen erhalten.

 Diese Wählerinnen zeigen ihre mit Tinte markierten Finger.

Diese Wählerinnen zeigen ihre mit Tinte markierten Finger.

Foto: dpa, os bjw

Sein Herausforderer war der ehemalige Weltbank-Ökonom Aschraf Ghani. Die Wahlbeteiligung erschien erneut rege, es gab nur vereinzelt Berichte über schwere Gewalttaten.

Dem 53-jährigen Ex-Außenminister Abdullah, der auch auf seine Erfahrungen als Widerstandskämpfer gegen Sowjet-Besatzer und fundamentalistische Taliban verweisen kann, wurden gegen den Intellektuellen Ghani die besseren Karten zugesprochen.

Allerdings gab es keine zuverlässigen landesweiten Wählerbefragungen. Im ersten Durchgang war Abdullah auf 45 Prozent der Stimmen gekommen, Ghani auf 31,6 Prozent.
Die vorläufigen Ergebnisse der Wahl sollen erst am 2. Juli bekanntgegeben werden, die Endergebnisse werden für den 22. Juli erwartet. Die Vereidigung des neuen Präsidenten ist dann für den 2. August geplant.

Landesweit waren rund 400.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um die Wahllokale abzusichern. Die Wahl des neuen Präsidenten ist eine Zeitenwende: Erstmals soll es eine Stabübergabe von einem gewählten Präsidenten des Landes zum nächsten geben. Der scheidende Präsident Hamid Karsai, der das Land seit dem Sturz der radikalislamischen Taliban im Jahr 2001 geführt hat, durfte nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren.
"Wir sind sehr stolz, unsere bevorzugten Kandidaten wählen zu können", sagte Karsai bei der Stimmabgabe. "Heute macht Afghanistan den Schritt von einer Übergangsphase zu langwährendem Frieden und Stabilität." Die Taliban drohten im Vorfeld mit Anschlägen und warfen den USA vor, durch die Wahlen "der Bevölkerung ihre Handlanger aufzwingen" zu wollen. Am Samstag erklärten sie, landesweit insgesamt 246 Aktionen zur Behinderung der Wahl ausgeführt zu haben.

In der Provinz Logar, südlich von Kabul, wurden nach Polizeiangaben zwei Menschen getötet, die "wählen gehen wollten". In der Hauptstadt Kabul schlugen noch vor Öffnung der Wahllokale in der Nähe des Flughafens Raketen ein. Mit mehr als 50 Prozent hatte die Wahlbeteiligung im ersten Durchgang relativ hoch gelegen. Die Zahl der Beschwerden wegen Wahlmanipulationen war deutlich geringer als bei der Wahl 2009, als sich Abdullah nach Vorwürfen der Fälschung schließlich aus der Stichwahl gegen Karsai zurückgezogen hatte.

Die deutsche Botschaft twitterte am Samstagmittag, es habe auch in der Stichwahl eine "beeindruckend hohe" Wahlbeteiligung gegeben. Die Botschaft verband dies mit einem Lob für den "Mut" der Afghanen zur Stimmabgabe.

"In der Stadt gibt es selbstverständlich ein paar Explosionen", sagte der 32-jährige Ahmed Dschawid in Kabul. "Das kann uns aber keine Angst einjagen - und es wird mich nicht davon abhalten, die Stimme abzugeben, um über die Zukunft des Landes zu entscheiden." Auch der 45-jährige Händler Dschanat Gul sagte, er werde seine Stimme abgeben, um "zur Veränderung unseres Lebens" beizutragen. Zahlreiche Bürger ließen sich gerne mit der Tinte an den Fingern fotografieren, mit denen die Wahlleiter sicherstellten, dass niemand doppelt wählen gehen konnte.

(DEU)
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