Nach Anschlag in Wien Österreich will „politischen Islam“ zur Straftat machen

Wien · Nach dem Anschlag in Wien hat Österreichs Regierung ein härteres Vorgehen gegen islamistische Terroristen angekündigt. So soll der „politische Islam“ als eigene Straftat gelten, auch gegen Gefährder soll der Staat härter durchgreifen können.

 Nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien hat Österreichs Regierung am Mittwoch weitreichende Pläne für den Umgang mit Gefährdern vorgestellt.

Nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien hat Österreichs Regierung am Mittwoch weitreichende Pläne für den Umgang mit Gefährdern vorgestellt.

Foto: dpa/Herbert Neubauer

Österreichs konservativ-grüne Regierung hat gut eine Woche nach dem islamistischen Terroranschlag von Wien umfangreiche Gesetzespläne zum Kampf gegen den Terrorismus vorgestellt. Im Umgang mit Menschen, die der Verfassungsschutz als Gefährder einstuft, soll der Staat deutlich härtere Mittel bekommen. Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete am Mittwoch ein Paket an Maßnahmen. Dazu gehört ein neuer Straftatbestand „politischer Islam“. Ein Imam-Verzeichnis soll mehr Handhabe gegen extremistische Ideologie bieten.

Den Anschlag Anfang November hatte ein 20-jähriger Österreicher mit nordmazedonischem Zweitpass verübt, der wegen einer versuchten Ausreise zur Terrormiliz IS vorbestraft und auf Bewährung frei war. Er erschoss vier Menschen. 20 weitere wurden verletzt. Seither wurden Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bekannt, etwa nach Hinweisen darauf, dass der Mann zum Munitionskauf in die Slowakei gefahren war.

Nach Willen der Regierung sollen Terrorismus-Vorbestrafte nach Ende ihrer Haftstrafe in den sogenannten Maßnahmenvollzug wie bislang etwa psychisch kranke oder gefährliche Täter kommen - außer, sie haben sich glaubwürdig von radikalen Ideen gelöst. Kurz sagte: „Wenn ein geistig abnormer Rechtsbrecher ein Leben lang weggesperrt werden kann, weil er eine Gefahr ist, dann kann auch ein Terrorist, der eine Gefahr darstellt, ein Leben lang weggesperrt werden.“

Für aus der Haft entlassene Gefährder sollen Fußfesseln oder elektronische Armbänder verpflichtend werden. Viele seien „tickende Zeitbomben“, so Kurz. „Das ist ein starker Eingriff, aber aus meiner Sicht ein notwendiger Schritt, um das Risiko für die Bevölkerung zu minimieren.“ Außerdem soll nach einer Verurteilung der Entzug von staatlichen Leistungen, des Führerscheins und des österreichischen Passes bei Doppelstaatsbürgern ermöglicht werden. Die Entwürfe der neuen Gesetze sollen bis Dezember ausgearbeitet werden.

Der politische Islam soll ein eigener Straftatbestand werden, um - so Kurz - gegen diejenigen vorzugehen, die keine Terroristen sind, aber den Nährboden dafür schaffen. Vereine und Moscheen sollen bei Terrorpropaganda leichter geschlossen werden können. Imame sollen in einem Verzeichnis registriert werden. Zu den weiteren angekündigten Schritten gehört die Gründung einer auf Terrorismus spezialisierten Staatsanwaltschaft und mehr Informationspflichten in der Betreuung von Bewährungshäftlingen.

Auch die Umsetzung der von Regierung und Opposition gleichermaßen geforderten Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung steht auf dem Plan. Details blieben offen. Die Opposition fordert wegen Versäumnissen der Behörden eine komplette Neuaufstellung des Bundesamts. Leitungsfunktionen sollten nach Können und nicht nach Parteibuch besetzt werden. Die SPÖ und die liberalen Neos warfen der Regierung Vertuschung von Fehlern vor.

(sed/dpa)
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