Nach Sieg von Van der Bellen in Österreich FPÖ verzichtet auf Wahlanfechtung

Wien · Die Weichen sind nach einem Wahlkrimi gestellt. Österreich hat einen neuen Bundespräsidenten aus dem Lager der Grünen. Die unterlegenen Rechtspopulisten wollen die Wahl nicht anfechten. Zunächst hatten sie über einen solchen Schritt nachgedacht..

 Alexander Van der Bellen konnte die Wahl mit einem Vorsprung von 31.000 Stimmen gewinnen. Das ist der FPÖ zu knapp.

Alexander Van der Bellen konnte die Wahl mit einem Vorsprung von 31.000 Stimmen gewinnen. Das ist der FPÖ zu knapp.

Foto: dpa, fs jak cb jak

Nach seiner äußerst knappen Niederlage bei der Präsidentschaftswahl in Österreich will der Rechtspopulist Norbert Hofer von der FPÖ das Ergebnis nicht anfechten: Es gebe keine Anzeichen für einen Wahlbetrug, sagte Hofer nach einem Bericht der österreichischen Nachrichtenagentur APA am Dienstag vor einer Vorstandssitzung seiner Fraktion in Wien.

Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (45) war in der Stichwahl um das Amt des Staatschef dem Sieger Alexander Van der Bellen nur um 31.000 Stimmen unterlegen. Insgesamt hatten mehr als 4,4 Millionen Österreicher die neue Staatsspitze bestimmt. Hofer will zusammen mit Parteichef Heinz-Christian Strache am Dienstag vor der Presse reden.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte der von den Grünen unterstützte 72-jährige Van der Bellen 50,3 Prozent. Hofer war auf 49,7 Prozent gekommen. Im Fall seiner Wahl wäre Hofer der erste Rechtspopulist an der Spitze eines EU-Staats gewesen. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,7 Prozent, wie der Innenminister mitteilte.

In einer ersten Erklärung betonte Van der Bellen, er wolle die angebliche Polarisierung im Land nicht überbewerten. "Man kann den Gleichstand auch so sehen: Es sind zwei Hälften, die Österreich ausmachen - und beide sind gleich wichtig." Er wolle als unabhängiger Präsident für alle Österreicher da sein und lasse deshalb seine Mitgliedschaft bei den Grünen ruhen.

Van der Bellen steht nun für die nächsten sechs Jahre an der Spitze der Alpenrepublik. Er löst am 8. Juli den Sozialdemokraten Heinz Fischer ab, der verfassungsgemäß nach zwei Amtszeiten ausscheidet.

Hofer räumte seine Niederlage noch vor Verkündung des offiziellen Ergebnisses ein. "Natürlich bin ich heute traurig. Ich hätte gerne für Euch als Bundespräsident auf unser wunderbares Land aufgepasst", schrieb er auf Facebook.

Beide Kandidaten hatten sich monatelang einen harten Lager-Wahlkampf geliefert. Erstmals waren in der Stichwahl keine Kandidaten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP vertreten. Unter anderem wegen des SPÖ-Debakels in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen war Bundeskanzler Werner Faymann zurückgetreten.

Österreichs neuer Kanzler Christian Kern (SPÖ) sagte in einer ersten Reaktion, dass die Regierung den Protest der Wähler verstanden habe: "Wie haben gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass sich kein Wähler als Verlierer sieht."

Erstmals musste die Entscheidung über den Sieger wegen des knappen Rennens vertagt werden. Die am Montag ausgezählten 740.000 Briefwahlstimmen wurden zum entscheidenden Faktor.

Van der Bellen holte vor allem in den Städten viele Stimmen. In Wien als einem der wichtigsten Bundesländer kam er auf fast 70 Prozent. Auch in allen anderen Landeshauptstädten fand er teils deutlich mehr Zuspruch als Hofer. Der Ingenieur Hofer dagegen punktete vor allem im ländlichen Raum. Die Wahl war international auf großes Interesse gestoßen.

(dpa)
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