US-Präsident erläutert seine Politik im TV Obamas Zick-Zack-Kurs im Syrien-Konflikt

Washington · In einer TV-Ansprache hat Barack Obama seinen Kurs in der Syrien-Krise erläutert. Er gibt der Diplomatie eine Chance, hält sich eine militärische Option aber offen. Eine klare Linie fährt der US-Präsident nicht.

Am Mittwochabend hat sich der US-Präsident in einer TV-Ansprache an seine Landsleute gewendet, um seine Syrien-Politk zu erläutern und Unterstützung zu gewinnen. Doch wofür eigentlich?

In seiner Rede hielt Obama hielt nämlich die militärische Drohung aufrecht, räumte der Diplomatie aber noch eine Chance ein. Die Ansprache war ein Balanceakt, der seine Redenschreiber an den Rand der Verzweiflung getrieben haben dürfte.

US-Bürger sind kriegsmüde

Der Präsident wollte seine kriegsmüden Landsleute überzeugen, warum er einen Militäreinsatz für richtig hält. Zugleich musste er ans Ausland, allen voran Syriens Machthaber Baschar al-Assad, eine Botschaft der Entschlossenheit senden - obwohl die Zustimmung des Kongresses für einen Militärschlag nicht sicher ist.

Die Rede steht symbolisch für den Zick-Zack-Kurs der US-amerikanischen Syrien-Politik der vergangenen Tage:

  • Als bekannt geworden war, dass das syrische Regime für einen Giftgas-Angriff aufs eigene Volk vernatwortlich sein soll, zog Obama eine "rote Linie".
  • Dann war er sich sicher, mit einem Militärschlag gegen das syrische Regime vorgehen zu wollen, um für Ruhe in der Region zu sorgen.
  • Kurze Zeit später wollte er einen Angriff nur mit der Unterstützung des Kongresses tun. Und zeitlich begrenzt sollte der Militärschlag sein.
  • Das änderte sich aber rasch: Obama verkündete den Plan einer intensiveren, ausgedehnten 72-Stunden-Attacke.
  • Dann konstatierte er, auch ohne den Kongress handeln zu wollen.
  • Obama distanzierte sich von der "roten Linie".
  • Als Russland einen Patzer von Obamas Außenministers John Kerry aufgriff, begrüßte er den Vorstoß, die Chemiewaffen Syriens unter internationale Kontrolle zu stellen.
  • Am morgigen Donnerstag schickt Obama Kerry nach Genf, damit dieser sich dort mit seinem russischen Kollegen Lawrow abstimmt.

Nach all dem Tumult ließ Obama nun wissen, dass die russische Initiative das Potenzial habe, "die Bedrohung durch chemische Waffen ohne den Einsatz militärischer Gewalt zu beseitigen".

Uno als zahnloser Gesprächskreis

Der Präsident versprach, bei den Vereinten Nationen die Möglichkeit für eine diplomatische Lösung auszuloten. Zuvor hatte er die Uno in der Syrien-Krise stets als zahnlosen Gesprächskreis dargestellt, auf den er bei einem Militärschlag keine Rücksicht zu nehmen gedenke.

An der Seite Frankreichs und Großbritanniens werde seine Regierung im UN-Sicherheitsrat mit Russland und China über eine Syrien-Resolution beraten, erklärte Obama. Sogar den Bericht der UN-Waffeninspektoren will der Präsident nun abwarten.

Putin fordert Ende der Drohungen

Allerdings sei es "zu früh zu sagen", ob der Vorschlag zur Vernichtung der Chemiewaffen Erfolg haben werde, mahnte er. Eine Verzögerungstaktik Assads will der Präsident auf jeden Fall nicht hinnehmen.

Obama weiß auch, dass sich die UN-Vetomächte Russland und China bisher immer gegen eine Resolution gesperrt haben, in der Syrien Strafmaßnahmen angedroht werden. Der russische Präsident Wladimir Putin machte denn auch das Ende der US-Drohungen zur Voraussetzung für einen Kompromiss.

US-Militär behält Stellung bei

Putins Forderung könnte zum Knackpunkt werden, denn Obama ist dazu nicht bereit. "Ich habe das Militär angewiesen, seine derzeitige Stellung beizubehalten, falls die Diplomatie scheitert", sagte der Präsident.

Allerdings hat Obama weiter das Problem, dass er für einen Einsatz womöglich gar nicht die Rückendeckung des Kongresses erhält. Zwar haben sich viele Abgeordnete noch nicht entschieden, doch vor allem im Repräsentantenhaus scheint der Präsident keine Mehrheit zu haben. "Meine Meinung hat sich nicht verändert", erklärte der republikanische Abgeordnete Alan Nunnelee nach Obamas Rede. Der demokratische Senator Joe Manchin sagte, die Unterstützung für Obamas Kurs sei im Kongress "einfach nicht da".

Obamas Botschaft: Vertraut mir

Obama räumte ein, dass die US-Bevölkerung eine Militäraktion skeptisch sieht. "Ich weiß, dass nach der schrecklichen Bilanz von Irak und Afghanistan die Vorstellung einer jedweden Militäraktion - egal wie begrenzt - nicht populär sein wird", sagte er. Assads Giftgasangriff sei aber eine "Gräueltat" und eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA.

Unter dem Strich blieb nach Obamas TV-Ansprache die Botschaft: Vertraut mir! Noch sagt eine knappe Mehrheit der Amerikaner, dass sie das tut - aber der Trend spricht gegen Obama.

In einer Umfrage, die das Gallup-Institut diese Woche veröffentlichte, bezeichneten 55 Prozent den Präsidenten als ehrlich und vertrauenswürdig. Während des Wahlkampfs im März 2008 lag dieser Wert bei 63 Prozent.

(rpo/AFP)
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