Rasmussen neuer Generalsekretär Obama erspart Merkel eine Blamage

Baden-Baden · Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen wird nun doch neuer Generalsekretär der Nato. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich mit Nachdruck für ihn eingesetzt, war damit aber beim Gipfel in Baden-Baden auf den erbitterten Widerstand der Türkei gestoßen. Dass es nun doch zu einer Einigung kam, ist ein Verdienst von US-Präsident Barack Obama.

Das ist Anders Fogh Rasmussen
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Die Türkei gab ihren Widerstand gegen den Wunschkandidaten der Europäer nach heftigem Ringen auf. "Fogh Rasmussen ist der richtige Mann, um die Erneuerung der NATO einzuleiten", sagte der scheidenden Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zum Abschluss des Jubiläumsgipfels am Samstag in Straßburg.

Die Einigung auf den Dänen kam überraschend. Die Türkei hatte erst im Laufe der Beratungen am Mittag ihren Widerstand gegen Fogh Rasmussen aufgegeben, der wegen der Mohammed-Karikaturen in Teilen der muslimischen Welt als rotes Tuch gilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. "Zum Schluss hat die Kraft gesiegt, Einigkeit zu erzielen", sagte sie. Die Welt stehe vor so vielen Problemen, dass ein Scheitern der Personaldebatte nicht verstanden worden wäre.

Auch der französische Präsident und Ko-Gastgeber Nicolas Sarkozy sowie der amtierende Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gratulierten dem Dänen. Der Niederländer De Hoop Scheffer scheidet zum 31. Juli aus dem Amt. "Die Zeit internationaler Gipfel, auf denen geredet und nichts entschieden wird, ist zu Ende", sagte Sarkozy auch zu dem Weltfinanztreffen in London.

Die Kanzlerin hatte schon mit einer Einigung auf Fogh Rasmussen zum Gipfelauftakt am Freitagabend gerechnet. Doch die Türkei ließ sich zunächst trotz allen Drucks nicht zur Zustimmung bewegen. Weil auch die Unterstützung der USA nur als halbherzig galt, war in Diplomatenkreisen mit einer Verschiebung der Entscheidung gerechnet worden. Dies wäre ein herber Rückschlag für Merkel gewesen.

Merkel erklärt Afghanistan zu "historischer Bewährungsprobe"

Obama erreichte die Zustimmung der Türken dann aber durch mehrere Zugeständnisse. Ankara hat offenbar weitreichende Garantien erhalten. Nach Informationen von "Welt-Online" wird extra für Ankara der Posten eines stellvertetenden Generalskretärs geschaffen. Der Mann auf dem neuen Posten soll sich demnach um die Beziehungen der Nato zur muslimischen Welt kümmern. Vergleichbares melden auch türkische Medien.

Erdogan vor der Presse

Zweites großes Gipfelthema war Afghanistan. Nach US-Angaben sagten die Verbündeten bis zu 5000 Soldaten zusätzlich für den Einsatz am Hindukusch zu. Darunter sind auch die bereits angekündigten 600 Bundeswehrsoldaten, die zur Absicherung der Wahlen im August zusätzlich entsandt werden. Dazu kommen 900 britische, rund 650 italienische und 450 spanische Soldaten. Auch die Ausbildung der afghanischen Polizei und Armee will die NATO verstärken.

Viel Lob für die Gastgeber

Merkel nannte den bisher größten Einsatz mit mehr als 60.000 Soldaten die "Bewährungsprobe" für die NATO. Sie begrüßte den Vorschlag Obamas, in regelmäßigen Zeitabständen die Erfolge am Hindukusch zu kontrollieren. "Es nützt nichts, wenn wir uns in die Tasche lügen oder an dieser Stelle die Augen verschließen", sagte Merkel. Deutschland ist mit rund 3700 Soldaten drittgrößter Truppensteller.

Gewaltsame Proteste

Die Staats- und Regierungschefs gaben zudem ein neues strategisches Konzept in Auftrag, das die Allianz beim nächsten Gipfel 2010 in Lissabon annehmen will. Zentrale Punkte sollen neue Herausforderungen wie die Piraterie oder Cyberattacken im Internet sein.

Überschattet wurde der Gipfel von gewaltsamen Protesten. In Straßburg setzten NATO-Gegner mehrere Gebäude in Brand, unter anderem ein Hotel. Auf beiden Seiten des Rheins gab es rund 40 Festnahmen, nach inoffiziellen Angaben wurden mindestens 20 Menschen verletzt.

(DDP)
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