Atomwaffen in Belarus Polen zu stärkerer Beteiligung an nuklearer Abschreckung bereit

Berlin · Russland will Atomwaffen in Belarus stationieren, einem Land, das an die Nato-Staaten Polen, Litauen und Lettland grenzt. Werden diese Länder nun auf eine Stationierung von US-Atomwaffen auf ihrem Staatsgebiet dringen?

Eine „Iskander-M“-Rakete wird während einer Demonstration des Internationalen Militärtechnischen Forums „ARMY-2016“ im „Patriot“-Park der russischen Streitkräfte auf den Abschuss vorbereitet.

Eine „Iskander-M“-Rakete wird während einer Demonstration des Internationalen Militärtechnischen Forums „ARMY-2016“ im „Patriot“-Park der russischen Streitkräfte auf den Abschuss vorbereitet.

Foto: dpa/Sergei Ilnitsky

Polen kann sich eine stärkere Beteiligung an der nuklearen Abschreckung der Nato vorstellen - auch ohne Atombomben auf seinem Staatsgebiet zu stationieren. „Polen wäre potenziell bereit, seine Beteiligung und Zusammenarbeit im Rahmen der nuklearen Abschreckung der Nato auszuweiten und Verantwortung zu übernehmen“, sagte der Sicherheitsberater des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, Jacek Siewiera, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Die Stationierung von Atomwaffen ist aber etwas anderes“, fügte er hinzu.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor wenigen Tagen angekündigt, Atomwaffen in Belarus stationieren zu wollen - ein Land, das an Polen grenzt. Nato-Staaten wie die USA und Deutschland hatten darauf gelassen reagiert. Die USA haben seit vielen Jahrzehnten Atomwaffen in mehreren europäischen Ländern stationiert, darunter Deutschland. Auf dem Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel sollen noch bis zu 20 Bomben lagern. Dort sind auch Tornado-Kampfjets stationiert, die die Waffen im Ernstfall einsetzen sollen.

Im Nato-Jargon wird das „nukleare Teilhabe“ genannt. Polen ist bislang nur an Beratungen darüber beteiligt, etwa in der Nuklearen Planungsgruppe der Nato, die streng geheim tagt. Siewiera sagte nicht, wie genau er sich eine stärke Beteiligung vorstellt. Er verwies aber darauf, dass zur nuklearen Teilhabe auch Flugzeuge gehörten, die „spezielle Waffen“ tragen könnten.

Der polnische Präsident Duda hatte bereits im Oktober vergangenen Jahres sein grundsätzliches Interesse an einer stärkeren Beteiligung an der nuklearen Abschreckung der Nato angemeldet. „Wir haben mit führenden amerikanischen Politikern darüber gesprochen, ob die Vereinigten Staaten eine solche Möglichkeit in Betracht ziehen. Das Thema ist offen“, sagte Duda damals der polnischen Zeitschrift „Gazeta Polska“. Er wurde damals so verstanden, dass die Stationierung von Atomwaffen auf polnischem Territorium für ihn eine Option sei.

Siewiera sagte nun auf die Frage, ob Polen sich Atomwaffen auf seinem Staatsgebiet wünsche, um sich sicherer zu fühlen: „Es geht nicht um Gefühle, sondern um Berechnungen. Es gibt bereits zahlreiche Atomwaffen in Europa im Rahmen der nuklearen Teilhabe.“

Neben Deutschland sollen auch in den Niederlanden, Belgien, Italien und in der Türkei US-Atomwaffen lagern. Expertenschätzungen zufolge sollen es insgesamt noch etwa 100 sein. Die Bomben haben eine Sprengkraft von bis zu 50 Kilotonnen - etwa das 13-fache der ersten US-Atombombe, die 1945 die japanische Großstadt Hiroshima fast vollständig zerstört hat. Mit Großbritannien und Frankreich besitzen zwei weitere Nato-Staaten eigene Atomwaffen.

(zim/dpa)
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