Nach Todes-Spekulationen Nordkoreas Diktator Kim Jong Un wieder aufgetaucht

Pjöngjang · Wochenlang war Nordkoreas Machthaber abgetaucht. Es gab sogar schon Gerüchte über seinen Tod. Jetzt beendet Pjöngjang die Spekulationen. An der innerkoreanischen Grenze gibt es indes neue Spannungen.

 Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un wurde im Staats-Fernsehen gezeigt.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un wurde im Staats-Fernsehen gezeigt.

Foto: AFP/KIM WON JIN

Zwei Tage nach der überraschenden Rückkehr von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in die Öffentlichkeit hat ein Zwischenfall an der Grenze des Landes zu Südkorea Besorgnis ausgelöst. Nach Angaben des südkoreanischen Militärs kam es am Sonntag zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten beider Länder. Informationen über Verletzte lagen zunächst nicht vor.

Der Generalstab in Südkorea warf nordkoreanischen Soldaten vor, sie hätten am Morgen mehrere Schüsse auf einen südkoreanischen Grenzkontrollposten innerhalb der vier Kilometer breiten militärischen Pufferzone abgegeben. Südkoreanische Soldaten hätten das Feuer mit zwei Schusssalven erwidert. Über die bilateralen Kommunikationskanäle solle versucht werden, sich ein genaueres Bild von der Lage zu verschaffen und weitere Zwischenfälle zu vermeiden, hieß es. Südkoreas Militär sei in Bereitschaft.

Kim Jong Un war fast drei Wochen lang von der Bildfläche verschwunden gewesen. Dies hatte international für Spekulationen über eine schwere Erkrankung oder gar den möglichen Tod des Machthabers ausgelöst. Am Samstag berichteten die Staatsmedien, Kim habe am 1. Mai an einer Zeremonie zur Fertigstellung einer Düngemittelfabrik nördlich von Pjöngjang teilgenommen. Bilder zeigten ihn sichtlich gut gelaunt. Wo er in der Zwischenzeit war, blieb aber ungeklärt. Die offizielle nordkoreanische Zeitung „Rodong Sinmun“ zeigte Fotos von Kim, wie er in einem dunklen Mao-Anzug ein rotes Band zerschneidet oder sich auf dem Fabrikgelände breit lächelnd im Kreis von Funktionären bewegt.

Die staatlich kontrollierten Medien hatten 20 Tage lang nicht mehr von öffentliche Aktivitäten Kims berichtet, der nach Angaben Südkoreas 36 Jahre alt ist. Jetzt folgte sein inszenierter Auftritt vor jubelndem Publikum. Hunderte von Menschen, die einen Mundschutz trugen, klatschten vor der Bühne auf dem Gelände der Sunchon-Phosphatdüngerfabrik. Alle Anwesenden hätten „Hurra“ gerufen, um Kims Einsatz für die Düngemittelindustrie zu würdigen, hieß es.

US-Präsident Donald Trump schrieb am Samstagabend (Ortszeit Washington) auf Twitter: „Ich für meinen Teil freue mich, dass er wieder da ist und es ihm gut geht!“ Trump setzt auf sein gutes Verhältnis zu Kim, um die derzeit stockenden Verhandlungen über Nordkoreas Atomwaffenprogramm wieder fortsetzen zu können. Die beiden hatten sich in der Vergangenheit bereits dreimal getroffen.

Nordkorea ist eines der weltweit isoliertesten Länder. Die Gesundheit des Machthabers gilt als Tabuthema. Am 11. April hatte Kim noch ein wichtiges Parteitreffen in Pjöngjang geleitet, danach war er nicht mehr aufgetaucht.

Der US-Nachrichtensender CNN hatte zuletzt unter Berufung auf einen Regierungsbeamten berichtet, Kim sei „nach einer Operation in ernsthafter Gefahr“. In Südkorea war der Bericht auf Skepsis gestoßen. Nach Angaben des Präsidialamts in Seoul gab es zunächst keine Hinweise auf größere Gesundheitsprobleme Kims. Auch war die Regierung in Südkorea davon ausgegangen, dass Kim weiter die Kontrolle über die Regierungsgeschäfte ausgeübt hat.

Die auf Nordkorea spezialisierte Internetzeitung „Daily NK“ in Südkorea hatte berichtet, Kim habe sich einer Operation am Herzen unterziehen müssen. Später gab es sogar Gerüchte, er sei womöglich tot. Kim ist übergewichtig und gilt als starker Raucher. Sein Vater Kim Jong Il war Ende 2011 war an einem Herzinfarkt gestorben.

Südkoreas Vereinigungsministerium bestätigte den Auftritt von Kim Jong Un. „Grundlose Berichte über Nordkorea haben zuletzt unnötige Verwirrung in den Bereichen der Wirtschaft, der Sicherheit und Gesellschaft gestiftet“, hieß es in einer Erklärung.

„Nordkorea ist ein Ort, der schwer zu knacken ist“, schrieb die Expertin Jean H. Lee vom amerikanischen Wilson Center auf Twitter. „Dieser ganze Rummel hat unsere Schwächen bei der Aufklärung und der Berichterstattung offengelegt.“ Allerdings könnten die Berichte über eine Erkrankung auch stimmen. „Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren.“

Nordkorea ist abgeschottet und international weitgehend isoliert. An der See- und Landesgrenze zwischen den beiden Ländern ist es seit dem Korea-Krieg (1950-53) in der Vergangenheit häufig zu Zwischenfällen gekommen. Doch hatten sich beide Seiten vor zwei Jahren auf neue Maßnahmen zur Entspannung geeinigt. Als Teil der Abmachungen hatten sie mehrere Grenzkontrollposten aufgelöst. Ein Schusswechsel zwischen Grenzsoldaten war zuletzt vor drei Jahren gemeldet worden.

Die benachbarten Länder befinden sich völkerrechtlich noch immer im Kriegszustand. Eine entmilitarisierte Zone trennt beide Länder auf vier Kilometern Breite und etwa 250 Kilometern Länge.

(mja/dpa)
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