Wikileaks-Enthüllungen Nordkorea steht alleine da

Peking (RPO). Die Enthüllungen von Wikileaks könnten neue Bewegung in den Konflikt um das umstrittene Atomprogramm von Nordkorea bringen. Demnach hat Diktator Kim Jong Il deutlich weniger Rückhalt in Peking als bisher angenommen. Langfristig setzt China offenbar auf eine friedliche Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea. Das Atomprogramm empfindet Peking als Ärgernis.

Nordkorea: Kim Jong Il und Sohn bei Militärparade
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China unterstützt den veröffentlichten Dokumenten des Enthüllungsportals Wikileaks zufolge auf lange Sicht eine Wiedervereinigung von Nordkorea und Südkorea. Chinas Botschafter in Kasachstan sagte bei einem Abendessen im vergangenen Jahr laut einem von Wikileaks veröffentlichten Dokument, China erwarte zwar, dass die beiden koreanischen Staaten auf kurze Sicht geteilt blieben.

"Langfristig hofft China jedoch auf eine friedliche Wiedervereinigung", sagte Cheng Guoping nach Angaben der britischen Zeitung "The Guardian", die in ihrer Montagsausgabe aus den Depeschen zitierte.

"Äußerst ärgerlich"

Denselben Dokumenten zufolge bezeichnete der Botschafter bei dem Abendessen das nordkoreanische Atomprogramm als "äußerst ärgerlich". In einer weiteren Depesche, aus der die "New York Times" zitierte, sagte ein chinesischer Regierungsvertreter, Pjöngjang sei mit seinem zweiten Atomtest, den das Land Ende Mai 2009 unternommen hatte, "zu weit gegangen".

China habe versucht, Nordkorea wieder an den Verhandlungstisch zu bewegen, um über sein Atomprogramm zu debattieren. Dies sei aber nicht gelungen, und das einzige Land, das noch Einfluss ausüben könne, seien die USA.

In wiederum einem anderen Dokument äußerte der damalige südkoreanische Vize-Außenminister Chun Yung Woo die Einschätzung, dass China "weitaus weniger Einfluss auf Nordkorea hat, als die Menschen glauben".

Der einzige Verbündete

Peking habe kein Interesse daran, seinen wirtschaftlichen Einfluss dazu zu nutzen, um einen Politikwechsel in Nordkorea zu erzwingen, sagte er. Er glaube, dass die Führung in China Nordkorea nicht mehr als einen "verlässlichen Verbündeten" betrachte. China gilt gemeinhin als der einzige Verbündete Nordkoreas.

Laut Wikileaks belieferte Nordkorea nach der Überzeugung von US-Geheimdiensten den Iran in der Vergangenheit mit modernen Raketen, die mit Atomsprengköpfen hätten bestückt und eine Reichweite von mehr als 3000 Kilometern hätten erreichen können. Die von Wikileaks am Sonntag veröffentlichten Dokumente belegen, dass die Lieferungen über den Hafen von Peking erfolgten.

Peking selbst forderte die USA nach der Enthüllung der rund 250.000 Dokumente der US-Diplomatie auf, "angemessen" mit dem Problem umzugehen. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte, China hoffe, dass die Enthüllungen das Verhältnis zu Washington nicht trübten. "Wir möchten keine Störung der Beziehungen zwischen China und den USA", sagte Hong Lei in Peking.

Neue Gespräche über Konflinkt

Das Regime in Pjöngjang entsandte indes einen Vertreter zu Gesprächen nach China. Außerdem wollen Anfang Dezember die Außenminister Südkoreas, Japans und der USA in Washington über Nordkorea beraten. Das Regime drohte ungeachtet dessen mit Blick auf das gemeinsame Manöver Südkoreas und der USA mit einem "ausgewachsenen Krieg" auf der Halbinsel.

Der nordkoreanische Vertreter Choe Thae Bok wird sich fünf Tage lang in China aufhalten. Bei den Gesprächen soll es demnach um den tödlichen Artillerieangriff auf eine südkoreanische Insel vergangener Woche, das nordkoreanische Atomprogramm und die südkoreanisch-amerikanische Militärübung gehen.

China hat vorgeschlagen, eine Krisensitzung der Länder einzuberufen, die an Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm beteiligt sind. Südkorea und Washington reagierten zurückhaltend auf den Vorschlag. Seoul verlangt zunächst ein Zeichen des Bedauerns für die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffs im März und Beweise für den Willen Nordkoreas zur atomaren Abrüstung.

(AFP/csi)
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