Eskalation in Fernost Nordkorea empfiehlt Berlin Räumung der Botschaft

Moskau · Nordkorea hat einem Bericht zufolge ausländische Botschaften aufgefordert, im Fall wachsender Spannungen eine Evakuierung zu prüfen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll auch der Bundesregierung empfohlen worden sein, die deutsche Botschaft in Pjöngjang zu räumen.

Offiziell hieß es vom Auswärtigen Amt am Freitag nur: "Die Sicherheit und Arbeitsmöglichkeit unserer Botschaft in Pjöngjang wird angesichts der Eskalation laufend überprüft." Deutschland wird in Nordkorea durch Botschafter Gerhard Thiedemann vertreten. Die Bundesrepublik nimmt in der Hauptstadt Pjöngjang auch die Interessen mehrerer anderer Staaten wahr, die dort keine eigene Vertretung haben.

Erst am Vormittag hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) Nordkoreas Botschafter in Berlin einbestellen lassen. Dort sei dem Diplomaten "in deutlichen Worten die sehr große Sorge der Bundesregierung angesichts der von Nordkorea zu verantwortenden Eskalation" vermittelt worden, sagte Ministeriumssprecher Andreas Peschke. Das jüngste Vorgehen der Führung in Pjöngjang sei "im Ton und in der Sache in keiner Weise akzeptabel".

Zuvor hatte schon die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag unter Berufung auf Diplomaten gemeldet, dass Nordkorea ausländischen Botschaften empfehle, eine Evakuierung ihrer diplomatischen Niederlassungen zu prüfen. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Die Botschaften der EU-Staaten in Nordkorea wollen unterdessen möglichst einheitlich auf die von der Regierung nahegelegte Räumung der diplomatischen Vertretungen in Pjöngjang reagieren. "Die Botschaften an Ort und Stelle stehen in ständigem Kontakt, um die Lage einzuschätzen", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Freitag in Brüssel. Sie nahm nicht zu Medienberichten Stellung, wonach sich die Leiter der Botschaften in Pjöngjang an diesem Samstag treffen wollen.

Nordkorea gehört zu den wenigen Ländern, in denen die Europäische Union nicht mit einer eigenen diplomatischen Vertretung präsent ist. Auch von den 27 EU-Mitgliedern sind aktuell nur sieben in Pjöngjang mit Botschaftern vertreten. Eine EU-Diplomatin sagte in Brüssel: "Wir stehen in engem Kontakt mit den Mitgliedsstaaten und diese haben engen Kontakt miteinander."

Briten entspannt

Pjöngjang hat auch Großbritannien vor Gefahren für das britische Botschaftspersonal gewarnt. Man habe eine Mitteilung erhalten, in der stehe, dass Nordkorea "im Falle eines Konflikts nach dem 10. April" nicht in der Lage sei, Botschaften und internationale Organisationen zu schützen, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in London am Freitag. Eine Aufforderung zur Evakuierung der Vertretung habe es aber nicht gegeben. Es gebe auch keine Pläne, die Botschaft zu räumen, hieß es weiter. Vielmehr müsse Nordkorea mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten und sich verantwortungsvoll verhalten, sagte der Sprecher. Die Warnung bezeichnete er als "Teil der derzeitigen Rhetorik Nordkoreas".

Auch die russische Botschaft in Pjöngjang hatte von einer entsprechenden Aufforderung berichtet. Moskaus Vertretung in Pjöngjang habe ein entsprechendes Schreiben erhalten, teilte der russische Presseattaché Denis Samssonow am Freitag der Agentur Interfax zufolge in der nordkoreanischen Hauptstadt mit.

Wegen der sich verschärfenden Lage auf der koreanischen Halbinsel werde den Russen der Abzug ihrer Diplomaten und Mitarbeiter empfohlen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich besorgt von der Lage. "Wir klären gerade die Einzelheiten, dann treffen wir eine Entscheidung", sagte Lawrow.

Russland, das eine gemeinsame Grenze mit Nordkorea hat, stehe im engen Kontakt mit seinen internationalen Partnern, sagte Lawrow. Ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des russischen Außenministeriums schloss eine Evakuierung der Botschaft in Pjöngjang nicht aus. "Vorrang hat die Sicherheit unserer Bürger", betonte der Diplomat. Er warnte vor "unüberlegten Schritten" im Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm. "Das Überschreiten der roten Linie kann verhängnisvoll sein", sagte er. Keine Seite dürfe die Kriegsgefahr auf der Halbinsel weiter schüren.

(dpa/felt/hip/csi)
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