Geheime Tonbandmitschnitte Nixon beschimpfte Brandt als Idiot

40 Jahre nach Nixons Aus hat das Nationalarchiv in Washington ein letztes Paket mit geheimen Aufzeichnungen aus dem Oval Office freigegeben. Die geheimen Mitschnitte zeigen einen Einblick in die offen rassistische und antisemitische Gedankenwelt des damaligen US-Präsidenten.

Die kleinen Geheimnisse der US-Präsidenten
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Die kleinen Geheimnisse der Präsidenten

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40 Jahre nach Nixons Aus hat das Nationalarchiv in Washington ein letztes Paket mit geheimen Aufzeichnungen aus dem Oval Office freigegeben. Die geheimen Mitschnitte zeigen einen Einblick in die offen rassistische und antisemitische Gedankenwelt des damaligen US-Präsidenten.

Die knapp 340 Stunden an Telefonaten und offen geführten Gesprächen sind für Historiker ein Schatz. Den Aufzeichnungen wohnt eine gewisse Ironie inne. Ausgerechnet die Präsidentschaft des Geheimniskrämers Richard Nixon wird durch sie so transparent wie wohl keine zweite. Und zeigen den Präsidenten als Mann mit erstaunlich rabiater Ausdrucksweise, plump-rassistischen Vorurteilen und einer Neigung zu aggressiv-verschwörerischem Denken.

Sieben Mikrofone, versteckt angebracht in Lampen und Tischen, dokumentierten, wie es wirklich hinter den Kulissen der US-Politik zuging. Und das auch in Stunden, die angesichts von Watergate zu den dramatischsten der amerikanischen Geschichte zählten.

Zynismen voller Scheinheiligkeit

Die nun veröffentlichten Bänder umfassen die Zeit vom April bis zum Juli 1973 — die Monate, in denen sich Watergate entfaltete. Ende April traten Nixons Berater zurück, die ein Büro der Demokraten verwanzt hatten, im August gab dann auch Nixon selbst auf. "Die Bänder zeigen uns die Höhen und Tiefen im Weißen Haus, die Erfolge wie auch eine wachsende Verzweiflung", schwärmt nun der Historiker Luke A. Gegenüber der New York Times.

So ist zu hören, wie zynisch und scheinheilig sich Nixon unmittelbar nach dem Aufliegen der Affäre verhielt. Bis tief in die Nacht führte er Telefongespräche, um Watergate zu vertuschen, während er tagsüber bei öffentlichen Ankündigungen im Fernsehen Aufklärung gelobte. Festmachen lässt sich das unter anderem an einer Personalie. So hatte der Präsident den Amerikanern versprochen, dass ein Sonderermittler in der Affäre den Dingen auf den Grund gehen könnte. Im privat geführten Telefonat mit dem Generalstaatsanwalt Elliot L. Richardson bedrängte er diesen jedoch, davon abzusehen.

Auch Bush und Reagan riefen an

Dabei war sich Nixon offenbar schon im Klaren darüber, dass seine Präsidentschaft ernsthaft gefährdet war. Im Telefonat mit Richardson zog er jedenfalls alle Register. "Sie sind mein Mann", hört man ihn sagen. "Und bei Gott, wir haben Sie den ganzen Weg nach oben über unterstützt. Verstehen Sie?"

Auch Politiker, die ihre großen Jahre noch vor sich haben sollten, meldeten sich angesichts der Regierungskrise am Telefon: George Bush, damals Vorsitzender der Republikaner, brachte seinen "großen Stolz" auf Nixon zum Ausdruck und beschimpfte kritische Journalisten als "arrogante Bastarde"; Und ein kalifornischer Gouverneur namens Ronald Reagan sicherte dem angeschlagenen Mann im Weißen Haus Rückendeckung zu, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man Nixon fortan auch in die Gebete mit einschließen werde.

Antisemitismen in Serie

Neben Watergate offenbart der Blick auf früher veröffentlichte Mitschnitte aber auch Einsichten in die Gepflogenheiten der internationalen Politik und was Nixon wirklich von seinen Amtskollegen dachte. Den deutschen Kanzler Willy Brandt titulierte er als "Idioten", die indische Premierministerin Ghandi bezeichnete er nach einem offenbar frustrierenden Gespräch als "alte Hexe".

Ohnehin betrachtete Nixon seine Umwelt mit einer bemerkenswert schlichten Weltanschauung. Iren wurden aus seine Sicht "gemein", wenn sie trinken, Chinesen fand er "subtil", die Russen lechzten in seinen Augen nach Anerkennung, Italiener hätten "ihren Kopf nicht richtig festgeschraubt" und Juden schrieb er pauschal "eine sehr aggressive und schroffe und widerwärtige Persönlichkeit" zu. Aber fähige Leute seien sie.

"Aber sagt das nicht!"

Juden nahmen in seiner Welt eine durchaus besondere Stellung ein. In Amerika stellen sie traditionell eine mächtige Minderheit dar, zudem waren auch enge Berater aus Nixons Umfeld jüdischen Glaubens. Zu den profiliertesten zählte dabei sicher Henry Kissinger.

Das aber hielt Nixon nicht davon ab, immer wieder antisemitische Ressentiments zu verbreiten. "Gott verdamme seine jüdische Seele", schimpft er über einen Presse-Berater und jüdische Praktikanten sollte es im Weißen Haus schon gar nicht geben. "Keine Juden. Da sind wir unerbittlich — aber sagt das nicht", hieß es.

Die Nachrichtenagentur AP veröffentlichte einige Passagen der Mitschnitte auf youtube.

(pst)
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