Cyber-Angriff Niederlande weisen Russen wegen Spionageverdacht aus

Den Haag · Die Niederlande haben vier Russen wegen Spionageverdachts ausgewiesen. Die Männer sollen einen Einsatz gegen die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen geplant haben. Die Nato fordert Russland unterdessen auf, die Cyber-Angriffe einzustellen.

Ein vereitelter Hackerangriff auf die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag hat Russland international an den Pranger gebracht. Die niederländische Regierung machte am Donnerstag Russland für die Attacke verantwortlich und wies vier mutmaßliche Agenten des russischen Militär-Geheimdienstes GRU aus. Mehrere Länder warfen dem Dienst groß angelegte Hackerattacken in aller Welt vor. Nato und EU verurteilten Russlands Vorgehen. Moskau zeigte sich unbeeindruckt und reagierte mit Spott.

Die niederländische Regierung sprach mit Blick auf den Angriff auf die Chemiewaffen-Organisation von einem "äußerst besorgniserregenden" Vorfall. Ihren Angaben zufolge wurde unweit des OPCW-Sitzes im Parkhaus eines Hotels ein Auto voller elektronischer Ausrüstung endeckt. Die mutmaßlichen russischen Agenten versuchten demnach, in das Wifi-System der Organisation einzudringen und Computerpasswörter zu stehlen.

Die OPCW hatte unter anderem den Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten im Syrien-Krieg dokumentiert. Die mit Russland verbündete syrische Regierung wird verdächtigt, diese Waffen eingesetzt zu haben. Zudem leiteten OPCW-Experten Untersuchungen im südenglischen Salisbury, nachdem dort das in der Sowjetunion entwickelte Nervengift Nowitschok eingesetzt worden war. Die britische Regierung sieht Moskau hinter dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal.

Großbritannien und Australien warfen dem Militärgeheimdienst GRU bereits vor Bekanntwerden des OPCW-Falls vor, großangelegte Cyberattacken in aller Welt auszuführen. Der GRU sei nachweisbar verantwortlich für Hackerangriffe auf politische Institutionen, Unternehmen, Medien und Sportinstitutionen weltweit, erklärte der britische Außenminister Jeremy Hunt.

Viele der Angriffe waren bereits mit Russland in Verbindung gebracht worden - etwa die Erpressersoftware "BadRabbit", die 2017 unter anderem den Flughafen von Odessa in der Ukraine sowie russische Medien zum Ziel hatte, oder Cyberattacken auf die Demokratische Partei in den USA vor der Präsidentschaftswahl 2016.

Auch Kanada warf dem Militärgeheimdienst GRU Cyberangriffe vor. Zu den Zielen gehörten die kanadische Behörde für Ethik im Sport und die in Montréal ansässige Welt-Antidopingagentur (Wada), erklärte das Außenministerium in Ottawa.

Die Nato begrüße es, "Russland wegen seiner unverhohlenen Versuche, internationales Recht und Institutionen zu untergraben", bloßzustellen, erklärte Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Treffen der Verteidigungsminister der Militärallianz in Brüssel. Russland müsse "sein rücksichtsloses Verhalten stoppen". Dazu gehörten auch "Gewaltanwendung gegenüber Nachbarn, versuchte Einmischung in Wahlprozesse und weitverbreitete Desinformationskampagnen". Als Antwort werde die Nato ihre Verteidigung und Abschreckung weiter stärken.

Der vereitelte Angriff auf die OPCW zeige Moskaus "rücksichtsloses und unverantwortliches Verhalten", sagte US-Verteidigungsminister Jim Mattis in Brüssel. Die USA stünden in der Frage "Seite an Seite" mit den Verbündeten.

Das US-Justizministerium klagte sieben mutmaßliche GRU-Agenten an. Ihnen werde Geldwäsche über virtuelle Währungen, Computerbetrug und Identitätsdiebstahl vorgeworfen, erklärte das Ministerium. Die Beschuldigten hätten sich Zugang zu Computern ihrer Opfer verschafft, "um private oder anderweitig sensible Daten zu stehlen".

Die Spitzen der Europäischen Union warfen der russischen Regierung "aggressive Akte" vor. "Wir bedauern solche Aktionen, die das Völkerrecht und die internationalen Institutionen untergraben", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von EU-Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Außenbeauftragten Federica Mogherini. Der Spionageangriff auf die OPCW demonstriere "Verachtung" ausgerechnet für eine Organisation, "die sich weltweit für den Bann von Waffen einsetzt".

Die russische Regierung reagierte mit Spott auf die Vorwürfe. Das Außenministerium in Moskau attestierte dem Westen eine "Spionage-Manie", die sich immer weiter ausbreite.

In Deutschland wurde kein neuer Vorfall bekannt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bekräftigte, es gebe eine "dauerhafte Bedrohungslage". Das Amt verwies auf "wiederholte" Cyberangriffe auf Wirtschaftsunternehmen wie die im Juni bekannt gewordenen Attacken auf Energiekonzerne.

(felt/csr/AFP)
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