Justiz ermittelt gegen Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozys Anklage erschüttert "Gallien"

Paris · Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hält seine Behandlung durch die Justiz in der Affäre Bettencourt für "skandalös". Das sagte Sarkozys Anwalt Thierry Herzog am Freitag dem Sender RTL. Frankreichs Medien überschlagen sich.

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Foto: afp, MARTIN BUREAU

"Nicolas Sarkozy ist immer kämpferisch, aber gleichzeitig hat er die Behandlungsweise, der er ausgesetzt wurde, als skandalös angesehen", sagte Herzog.

Sarkozys Anwalt zog auch die Unparteilichkeit des Untersuchungsrichters Jean-Michel Gentil in Zweifel, der ein Ermittlungsverfahren gegen Sarkozy im Zusammenhang mit dem Verdacht der illegalen Wahlkampffinanzierung eröffnet hat.

Medien stürzen sich auf Anklage

Zum Ermittlungsverfahren warf Herzog die Frage auf, ob der Untersuchungsrichter ebenso nach belastenden wie entlastenden Beweisen gesucht habe. "Wir werden sehen, was das Berufungsgericht in Bordeaux dazu sagt", unterstrich der Anwalt, der bereits eine Beschwerde gegen die "ungerechte" Entscheidung zur Eröffnung des Ermittlungsverfahren angekündigt hat.

Wenig überraschend: In den Medien "Galliens" (wie einst die Römer das heutige französische Gebiet nannten) ist Sarkozys Anklage das beherrschende Thema. Während die als linksliberal eingestufte Tageszeitung "Libération" eigens einen Live-Ticker geschaltet hat, um über die aktuellen Informationen zu berichten, stürzen sich "Le Monde" und "Figaro" insbesondere auf die Person des Richters Gentil. Er sei "kompromisslos und einsam", schreibt "Le Monde" in der Onlineausgabe.

Der traditionell konservative "Figaro" beschäftigt sich zudem mit den fünf entscheidenden Fragestellungen im Hinblick auf einen Prozess. Die Zeitung habe mehrere Strafverteidiger befragt. Alle seien sich einig, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Anklage wieder fallen gelassen wird.

Umfeld attackiert Richter

Nach der Einleitung des Ermittlungsverfahrens hat auch Sarkozys Umfeld den Richter scharf attackiert. Der konservative Abgeordnete Henri Guaino warf Richter Jean-Michel Gentil am Freitag im Sender Europe 1 vor, "Schande über die Justiz" gebracht zu haben.

"Ich stelle die Art und Weise in Frage, wie er seine Arbeit macht", sagte der einstige Berater Sarkozys im Elysée-Palast weiter. "Ich finde sie unwürdig." Kein "vernünftiger Mensch" in Frankreich könne sich auch nur einen Moment vorstellen, dass Sarkozy die Schwäche der L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt habe, wie es ihm die Justiz vorwirft.

"Ungerecht und übertrieben"

Sarkozys früherer Regierungschef François Fillon bezeichnete die Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Sarkozy als "ungerecht und übertrieben". "Ich hoffe, dass die Wahrheit triumphieren wird", erklärte der konservative Politiker gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Nach einer Gegenüberstellung mit Zeugen war am Donnerstagabend das Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Staatschef eröffnet worden, der nun mit einem Prozess rechnen muss. Der Vorwurf lautet auf "Ausnutzung der Schwäche" der heute 90-jährigen L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt, die laut ärztlichen Gutachten ab dem Jahr 2006 an Demenz litt.

Sarkozy soll ihr für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 illegale Spenden aus der Tasche gezogen haben. Mehrere Ex-Bedienstete der reichsten Frau Europas wollen Sarkozy während des Wahlkampfs mehrfach bei ihr gesehen haben. Sarkozy versichert, er sei damals nur einmal bei deren inzwischen verstorbenem Mann André gewesen.

(dpa/nbe/das)
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