Umstrittene Wahl in Nicaragua Regierung erklärt Ortega zum Sieger

Managua · Die autoritäre Regierung des nicaraguanischen Staatschefs Daniel Ortega hat sich zur deutlichen Siegerin einer viel kritisierten Präsidentenwahl erklärt. Der 75-jährige Ex-Revolutionär und seine Ehefrau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, erhielten nach vorläufiger Auszählung in knapp 98 Prozent der Wahllokale rund 76 Prozent der Stimmen.

 Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, und seine Frau Rosario Murillo kommen zu einer Pressekonferenz.

Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, und seine Frau Rosario Murillo kommen zu einer Pressekonferenz.

Foto: dpa/Jorge Torres

Der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega hat nach amtlichen Angaben mit großer Mehrheit eine Wahl gewonnen, die von den USA und der EU als Farce bezeichnet wird. Der Oberste Wahlrat des mittelamerikanischen Landes teilte am Montag mit, auf den 75-jährigen Sandinisten sei nach Auszählung fast aller abgegebenen Stimmen ein Anteil von mehr als 75 Prozent entfallen. An Ortegas vierter Amtszeit hatte es schon vorher kaum Zweifel gegeben, weil er vor der Wahl sieben der führenden Oppositionskandidaten ins Gefängnis stecken ließ.

Die Europäische Union und die USA nannten die Wahlen in dem mittelamerikanischen Land eine Farce, Ortega beklagte hingegen eine Einmischung Washingtons und anderer „Kräfte“ in die Abstimmungen vom Sonntag. Gewählt wurden auch 90 der 92 Parlamentsabgeordneten. Ortega, der am kommenden Donnerstag seinen 76. Geburtstag feiert, war schon von 1985 bis 1990 Präsident. Damals bekämpften er und seine linken Sandinisten von den USA gestützte rechtsgerichtete Rebellen der Contra-Bewegung.

2007 kehrte Ortega an die Staatsspitze zurück. Zuletzt verschärfte sich unter ihm das harte Durchgreifen gegen Oppositionelle. Im Juni verhaftete die Polizei sieben potenzielle Präsidentschaftskandidaten wegen Vorwürfen, die auf Hochverrat hinauslaufen. Rund zwei Dutzend weitere Oppositionsführer wurden vor den Wahlen ebenfalls inhaftiert. Seine Ehefrau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, erklärte Ortega erst kürzlich zu seiner „Kopräsidentin“.

Murillo ging so weit, die jüngste Abstimmung als „die erste souveräne Abstimmung in der Geschichte Nicaraguas“ zu bezeichnen. Sie freute sich über Glückwünsche aus Russland, Kuba, Venezuela und Bolivien.

Die Wahlbeteiligung wurde offiziell mit 65 Prozent angegeben. Murillo bejubelte das als „mehr als zwei Millionen Stimmen, die wir mit unendlicher Dankbarkeit und Hingabe bekommen haben“. Eine Wahlbeobachtergruppe der Opposition teilte hingegen mit, ihre 1450 Beobachter hätten eine Beteiligung von rund 18 Prozent geschätzt. Die Opposition hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen

US-Präsident Joe Biden sprach von einer „Pantomimenwahl, die weder frei noch fair und ganz bestimmt nicht demokratisch“ gewesen sei. Die USA würden alle ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeuge nutzen, um die nicaraguanische Regierung wegen des manipulierten Wahlablaufs zur Rechenschaft zu ziehen. „Die Ortega- und Murillo-Familie regieren Nicaragua nun als Autokraten, nicht anders als die Somoza-Familie, die Ortega und die Sandinisten vor vier Jahrzehnten bekämpften“, hieß es in Bidens Erklärung mit Verweis auf Nicaraguas einstigen Diktator Anastasio Somoza Debayle weiter.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wies die Wahlergebnisse in Nicaragua zurück. Ortega habe alle glaubwürdige Konkurrenz beseitigt und das nicaraguanische Volk damit um dessen Recht gebracht, seine Repräsentanten frei zu wählen, rügte Borrell. „Die Integrität des Wahlprozederes wurde durch systematische Verhaftungen, Schikane und Einschüchterung von Präsidentschaftskandidaten, Oppositionsführern, Studenten sowie Ortsvorstehern, Journalisten, Menschenrechtlern und Geschäftsleuten zertrümmert.“ Bisher habe die EU zwar von Sanktionen abgesehen, die das Volk Nicaraguas treffen würden. Doch könnten zusätzliche Maßnahmen über individuelle Beschränkungen hinausgehen, sagte Borrell.

(zim/dpa)
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