"Obamacare" vor Gericht Neun Richter entscheiden über Obamas wichtigstes Projekt

Washington · In einem Punkt sind sich Kritiker und Befürworter der Gesundheitsreform einig. Ab Montag, wenn der Oberste Gerichtshof der USA das Gesetzespaket auf den juristischen Prüfstand legt, trifft er die wichtigste Entscheidung seit dem Justizdrama des Jahres 2000, bei dem zu klären war, ob George W. Bush nach der umstrittenen Stimmenauszählung in Florida das Präsidentenamt antreten durfte.

Die Kernpunkte von Obamas Gesundheitsreform
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Foto: AP

Am Montagnachmittag (MEZ) begannen die Anhörungen am Supreme Court in Washington. Drei Tage lang werden die neun Richter zunächst die Argumente pro und contra Reform anhören, bevor sie die 2010 beschlossene Novelle auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen.

26 US-Staaten waren gegen die Gesetze zum Patientenschutz und zur bezahlbaren Gesundheitsversorgung vor das Oberste Gericht gezogen.
Sie argumentieren, dass eine verpflichtende Krankenversicherung verfassungswidrig sei. Die Regierung bezeichnet das Vorgehen im US-Kongress dagegen als rechtens.

Mit einem Urteil ist nicht vor Juni zu rechnen, wobei schon ein flüchtiger Blick in den Kalender verrät, welch hochpolitisches Rad die Damen und Herren in den schwarzen Roben allein durch das Timing drehen. Mit Blick auf die Wahl im November geht das Duell um die Präsidentschaft allmählich in seine heiße Phase, wenn die Höchstrichter ihre Entscheidung verkünden.

Zöge Barack Obama den Kürzeren, wäre es eine schwere Schlappe für seine Kampagne. Denn wer immer sein konservativer Herausforderer wird, eine Rücknahme der Gesundheitsreform steht auf der Prioritätenliste der Republikaner weit oben. Das gilt auch für Mitt Romney, den Praktiker aus der politischen Mitte, der 2006 als Gouverneur von Massachusetts auf lokaler Ebene das Original für die spätere, landesweit anzuwendende Kopie unterschrieb.

Indem der Staat seine Bürger zwinge, eine Krankenversicherung zu kaufen, argumentieren die Gegner, überschreite er seine Kompetenzen und schränke ur-amerikanische Freiheiten ein.

Die Justizminister von 26 Bundesstaaten hatten Einspruch erhoben gegen "Obamacare", wie die Opposition das Paket in gewollter Zuspitzung nennt. Die Föderation, argumentieren sie, dürfe gemäß ihrer Verfassung zwar "ökonomische Aktivitäten" zwischen den einzelnen US-Staaten regeln. Lasse sich jemand nicht krankenversichern, sei dies jedoch keine ökonomische Aktivität, ergo dürfe Uncle Sam auch nicht eingreifen.

Mit der juristischen Krücke soll das Kernstück des Pakets ausgehebelt werden: die ab 2014 geltende Pflicht zur Krankenversicherung, mit der rund 50 Millionen bislang nicht abgesicherte Amerikaner in das System einbezogen werden sollen.

Nach aktuellen Statistiken, widersprechen Obamas Anhänger, verursachen Nichtversicherte in den Kliniken zwischen Miami und Seattle pro Jahr 116 Milliarden Dollar an Kosten, von denen sie nur etwa ein Drittel bezahlen. Angesichts solcher Zahlen von einer Null-Aktivität zu sprechen, so die Pro-Reform-Fraktion, gehöre ins Reich des Absurden.

(RP/dapd)
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