Drei Wochen vor Präsidentschaftswahl Neue Gewalt in Ägypten fordert 20 Todesopfer

Kairo · Drei Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Ägypten sind bei Zusammenstößen in Kairo mindestens 20 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Die Armee ordnete am Mittwoch einen Militäreinsatz an, mit dem die Gewalt in unmittelbarer Nähe des Verteidigungsministeriums beendet werden sollte.

 Ägypten kommt nicht zur Ruhe: Kurz vor der Präsidentenwahl ist es in Kairo zu Unruhen gekommen.

Ägypten kommt nicht zur Ruhe: Kurz vor der Präsidentenwahl ist es in Kairo zu Unruhen gekommen.

Foto: dpa, Khaled Elfiqi

Zu den Opfern der Auseinandersetzungen zählten viele Anhänger des Salafisten Hasem Abu Ismail, der zuvor von der Wahl ausgeschlossen worden war. Zur Beendigung der Gewalt im Stadtteil Abbassija seien Armeeeinheiten abkommandiert worden, sagte ein Militärsprecher. Behandelnde Ärzte in einem provisorischen Feldlazarett sprachen zunächst von neun Toten und 50 Verletzten. Später korrigierten sie die Zahl nach oben. Das Gesundheitsministerium gab die Zahl der Getöteten zunächst mit sechs an.

Die Urheber der Gewalt konnten zunächst nicht ermittelt werden. Die Anhänger Abu Ismails demonstrieren schon seit Tagen im Zentrum von Kairo für einen Machtverzicht des Militärrats, der seit dem Sturz des langjährigen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 die Geschicke des Landes lenkt.

Wiederholt gab es Hinweise darauf, dass das Militär selbst Schlägertrupps auf Demonstranten angesetzt haben könnte. Anhänger beider Seiten warfen bei den Zusammenstößen am Mittwoch Molotowcocktails und Steine. Bereits am Sonntag waren bei Ausschreitungen ein Menschen getötet und mehr als hundert weitere verletzt worden.

Der Militärrat will seine Macht nach eigenen Angaben nach der Wahl des neuen Präsidenten an eine zivile Regierung abgeben. Die Lage ist jedoch angespannt, seit zehn der ursprünglich 23 Kandidaten aus den unterschiedlichsten Gründen von der ersten Wahlrunde am 23. und 24. Mai ausgeschlossen wurden.

Zu ihnen zählt auch der Salafist Abu Ismail. Er wurde ausgeschlossen, weil seine verstorbene Mutter angeblich die US-Staatsbürgerschaft besessen hatte. Kandidaten, ihre Partner und Eltern müssen die ägyptische Nationalität haben, um zur Wahl zugelassen zu werden.

Wegen der neuen Gewalt kündigten zwei Präsidentschaftskandidaten, der Muslimbruder Mohammed Morsi und der islamische Fundamentalist Abdel Moneim Abul Futuh, am Mittwoch eine Unterbrechung ihres Wahlkampfs an. Morsi erklärte, er werde "aus Solidarität mit den Demonstranten" 48 Stunden lang den Wahlkampf ruhen lassen, Futuh begrenzte die Unterbrechung auf einen Tag.

Der Wahlkampf hatte offiziell am Montag begonnen. Die Stichwahl findet am 16. und 17. Juni statt. Ende Juni will der Militärrat dem neuen Präsidenten die Macht übergeben.

(AFP)
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