Vor Merkel-Besuch in Tiflis Neue Bewegung im Kaukasus-Konflikt

Berlin/Moskau (RPO). Unmittelbar vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Tiflis ist neue Bewegung in den Kaukasus-Konflikt gekommen. Russland nahm am Samstag den Sechs-Punkte-Plan der EU an und begann mit dem Truppenabzug aus Georgien. Dennoch wird der Druck auf Moskau nicht weniger.

Zweiwöchiger Ausnahmezustand in Georgien
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Foto: AP

US-Präsident George W. Bush und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnten Russland eindringlich davor, die territoriale Integrität Georgiens infrage zu stellen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich in die Bemühungen um eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Konflikt eingeschaltet.

Bush begrüßte die Unterzeichnung des Abkommens als "hoffnungsvollen Schritt", forderte aber gleichzeitig, Russland müsse sich nun daran halten und seine Kräfte zurückziehen. Ebenso wie Bundesaußenminister Steinmeier bekräftigte Bush, dass die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien "ein Teil Georgiens" seien und dies auch blieben. "Es gibt keinen Raum für Diskussionen in dieser Angelegenheit."

Der Sechs-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, dass sich die georgischen Truppen in ihre vorherigen Stellungen zurückziehen und die russische Armee auf ihre Positionen vor Beginn der Kämpfe zurückkehrt. Laut Punkt Fünf dürfen die russischen Friedenskräfte jedoch "zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen" rund um Südossetien ergreifen, bis ein internationaler Mechanismus vereinbart ist. Um die praktische Umsetzung dieses Punktes gab es am Samstag Streit.

Russland taktiert

Nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow nennt das Abkommen keinen festen vollständigen Abzugstermin für die russischen Truppen. Das Dokument, das sowohl von Tiflis als auch Moskau unterzeichnet wurde, gebe auch keine Obergrenze für die Zahl der russischen Soldaten in Georgien vor, sagte Lawrow im russischen Fernsehen. Die russische Armee werde deshalb "so lange wie nötig" auf georgischem Boden bleiben. Auch hänge ein Rückzug vom Verhalten der georgischen Seite ab.

Dem widersprach US-Außenministerin Rice. Die russischen Soldaten hätten nur ein sehr begrenztes Mandat, betonte sie nach Beratungen mit Bush auf dessen Ranch im texanischen Crawford. Medwedew haben dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zugesichert, dass sich die russischen Truppen aus Georgien zurückziehen würden, sobald Georgiens Präsident Michail Saakaschwili den Waffenstillstand unterzeichnet habe. "Meiner Ansicht nach - und ich stehe in Kontakt mit den Franzosen - halten die Russen womöglich schon jetzt nicht mehr Wort".

UN-Sicherheitsrat bislang erfolglos

Der UN-Sicherheitsrat versucht seit Tagen vergeblich, sich auf eine Erklärung zum Kaukasus-Konflikt zu einigen. Russland will einen Verweis auf die territoriale Integrität Georgiens im bisherigen Entwurf nicht akzeptieren. Am Sonntag wollten die 15 Ratsmitglieder ihre Beratungen wieder aufnehmen.

Ob sie dabei auch über die Resolution abstimmen werden, war zunächst unklar. Ban hatte in der vergangenen Woche mit einer Reihe von politischen Führern telefonischen Kontakt, darunter auch mit dem georgischen Staatschef Michail Saakaschwili. Laut seinem Sprecher gelang es dem UN-Generalsekretär aber nicht, den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zu erreichen.

Bundeskanzlerin Merkel setzt ihre Vermittlungsbemühungen im Kaukasus-Konflikt am (morgigen) Sonntag mit einem Kurzbesuch in Georgien fort. In der Hauptstadt Tiflis wird sie am Nachmittag Präsident Saakaschwili treffen. Am Freitag hatte sie in Sotschi mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew über Lösungsansätze im Konflikt um die abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien beraten. Eine Annäherung in Fragen wie dem Bestand Georgiens und dem völkerrechtlichen Verbot von Militärinterventionen blieb jedoch aus.

(ap)
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