Populist Geert Wilders lauert Neue Angst vor Rechtsruck in Holland

DEn Haag (RP). An der Frage des Einsatzes in Afghanistan ist die niederländische Regierungskoalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten zerbrochen. Die Krise könnte dem Rechtspopulisten Geert Wilders in die Hände spielen – er hat sogar Chancen, neuer Regierungschef zu werden.

Geert Wilders provoziert mit grüner Krawatte vor Gericht
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DEn Haag (RP). An der Frage des Einsatzes in Afghanistan ist die niederländische Regierungskoalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten zerbrochen. Die Krise könnte dem Rechtspopulisten Geert Wilders in die Hände spielen — er hat sogar Chancen, neuer Regierungschef zu werden.

Geert Wilders ließ seiner Schadenfreude freien Lauf. Kaum war Samstagmorgen das Aus der Den Haager Regierung wegen des Afghanistan-Einsatzes besiegelt, forderte der Rechtspopulist Neuwahlen. Der Sturz "dieser schlechtesten Koalition seit Urzeiten" sei überfällig.

"Die Niederländer wollen eine Regierung, die Kriminalität, Massenzuwanderung und die Wirtschaftskrise anpackt", ließ der Chef der Freiheitspartei PVV auf seiner Website wissen. Ein solches Kabinett würde der 46-Jährige am liebsten selbst führen. Seit Monaten macht der Islamfeind den regierenden Christdemokraten von Premier Jan Peter Balkenende in Umfragen den Status der stärksten Partei im Polderland streitig.

Sollten die Niederländer nun zwölf Monate eher als geplant an die Urnen gerufen werden, könnte er seinen Traum wahrmachen und mitregieren — vielleicht sogar Ministerpräsident werden. "Ich bin bereit", verkündete der platinblond gefärbte Provokateur, der Hollands Moscheen schließen und einen Einwanderungs-Stopp gegen Muslime verhängen will. Er weiß, dass die jetzige Krise seine große Chance werden dürfte: Nur noch 16 Prozent der Niederländer wollen weiter vom blassen Jan Peter Balkenende regiert werden.

Der musste nach einem 16-stündigen Verhandlungsmarathon in der Nacht zum Samstag den Bruch der vierten Koalition unter seiner Führung seit 2002 bekannt geben. Der Grund: ein Streit mit den Sozialdemokraten (PvdA) über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes. Anfang Februar hatte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Den Haag gebeten, über das Ende des jetzigen Mandats im Sommer hinaus mit einer Ausbildungseinheit in der Taliban-Hochburg Urusgan zu bleiben.

Balkenende wollte dem nachkommen, die PvdA lehnte die Verlängerung rundweg ab. Denn 2007 war sie nur unter der Prämisse in die Regierung gegangen, die niederländischen Truppen spätestens Ende 2010 aus dem Land am Hindukusch abzuziehen.

PvdA-Chef Wouter Bos ging es aber nicht nur ums Prinzip, sondern auch um seine Popularitätswerte. Seit der Wahl im November 2006 hat sich fast ein Drittel der Wähler von der PvdA abgewandt. In den nationalen Umfragen rutschte die einstige Volkspartei zeitweise unter 15 Prozent.

Die Kommunalwahl am 3. März drohte zum historischen Debakel zu werden. Der Ausstieg aus der Regierung brachte nun nach ersten Befragungen einen Schub. Kein Wunder — drei Viertel der Niederländer wollen die 1950 Soldaten des Königreichs aus Afghanistan nach Hause holen. 21 starben bisher im Einsatz.

Der Abmarsch der Niederländer bringt die Nato-Verbündeten in Nöte. Denn es ist völlig unklar, wer die Niederländer in einem der gefährlichsten Gebiete am Hindukusch ersetzen soll. Das Ansehen des Königreichs ist in Gefahr. "Den Haag verspielt seine Rolle als einflussreicher Juniorpartner von Amerika und Großbritannien", warnte der liberale Ex-Verteidigungsminister Joris Voorhoeve.

Doch damit nicht genug: Die Regierungskrise erwischt die Niederlande in äußerst schwierigen Zeiten. In diesem Jahr wird das Polderland wohl mit einem Haushaltsdefizit von mehr als sechs Prozent zu kämpfen haben. Ein Sparpaket von 40 Milliarden Euro müsste dringend umgesetzt werden, liegt aber nun erstmal auf Eis.

Sollte Königin Beatrix heute das von Jan Peter Balkenende unterbreitete Rücktrittsgesuch seiner Regierung annehmen, sind Neuwahlen frühestens Ende Mai oder Anfang Juni möglich. Monatelanger Stillstand droht. Denn eine Übergangsregierung darf nichts Wichtiges entscheiden.

Diese Untätigkeit dürfte Populist Geert Wilders weiter in die Hände spielen. Demoskopen erwarten beim vorgezogenen Urnengang ohnehin einen deutlichen Rechtsruck. Meinungsumfragen sagen Wilders' Freiheitspartei eine Verdopplung der Mandate von jetzt neun auf 24 voraus. Der Traum von Holland als Hort multikultureller Harmonie und Toleranz scheint ausgeträumt.

(RP)
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