Iranerin veröffentlicht Buch über ihr Schicksal Neda Soltani — verwechselt mit einer Toten

Düsseldorf · Ihr Foto ging im Jahr 2009 um die Welt und sollte ihr Leben für immer verändern. Denn die Neda Soltani wurde mit jener jungen Frau verwechselt, die während der Demonstrationen im Iran starb. Nun hat die junge Frau, die aus ihrer Heimat floh, ein Buch geschrieben.

Iran 2009: Eskalation der Gewalt
16 Bilder

Iran 2009: Eskalation der Gewalt

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Als am 20. Juni 2009 eine junge Frau auf den Straßen Teherans starb, verbreitete sich das im Internet wie ein Lauffeuer. Die Geschichte sollte zeigen, wie brutal das Regime von Präsident Mahmud Ahmadinedschad gegen Demonstranten im Land vorging. Belegbare Informationen gab es zu jener Zeit kaum, auch wurde lange kritisch gesehen, ob die Frau tatsächlich tot sei.

Auch aus diesem Grund suchten Journalisten im Netz nach der Identität der jungen Frau, die unter dem Namen Neda Berühmtheit erlangte. Tatsächlich handelte es sich bei der Toten um Neda Agha Soltan. Irgendjemand aber stieß bei Facebook auf die Seite von Neda Soltani — ein geschlossenes Profil, lediglich das Foto war zu sehen. Dieses Foto wurde verbreitet und gelangte auf Nachrichtenseiten auf aller Welt. Auch Sender wie CNN berichteten über die tote junge Frau — mit dem falschen Bild.

Unzählige Freundschaftsanfragen über Facebook

Neda Soltani lebt inzwischen im Asyl in Deutschland. Ihre Geschichte hat sie jetzt in dem Buch "Mein gestohlenes Gesicht" aufgeschrieben. "Zwei Frauen, die sich nie begegneten — und ein Foto, das ihre Schicksale unauflösbar verbindet", heißt es in der Buchbeschreibung des Online-Händlers Amazon.

Die junge Frau, Mitte 30, wurde im Iran geboren, studierte Englisch und lehrte die Sprache an der Universität von Teheran. Wie die "New York Times " Mitte vergangenen Jahres schrieb, war sie politisch nicht aktiv, sondern bereitete sich auf eine Konferenz im Ausland vor. "Ich war nicht dabei, weil ich überzeugt war, die politische Situation würde sich unter einem neuen Präsidenten auch nicht verbessern", sagte sie der "Bild"-Zeitung.

Einem Tag nach dem Tod der jungen Frau erhielt Neda Soltani zahlreiche Freundschaftsanfragen über Facebook. "Ich war sehr überrascht, als ich mein E-Mail-Postfach am 21. Juni öffnete und über 60 Menschen aus der ganzen Welt mich geaddet hatten." Es seien immer mehr geworden, erzählt sie der "New York Times" weiter. Erst am Abend sah sie im Fernsehen die Berichte über den Tod der jungen Frau und auch ihr Bild dazu und verstand die Verwechslung.

Im deutschen Asyl

Wie mehrere Medien berichteten, versuchte sie bei mehreren Sendern, die Verwechslung zu erklären. Doch niemand habe ihr zuhören wollen. Auch als die Eltern der echten Neda Fotos veröffentlichten, kursierte ihr Bild immer noch in Medien und im Internet. Schließlich wurde sie vom Geheimdienst unter Druck gesetzt, verhört und sollte ein falsches Geständnis unterschreiben, wonach sie eine Agentin des Westens sei. Das war der Moment, in dem sie beschloss zu fliehen.

"Alles, was ich hatte, war mein Rucksack, mein Laptop und eine schmale Tasche", so Neda Soltani gegenüber der "New York Times". Sie reiste in die Türkei, ging nach Griechenland und schließlich nach Deutschland, wo sie Verwandte hatte. Neun lebte sie in Asylantenheimen, wie die "Bild" schreibt, 180 Euro bekam sie im Monat. "In dieser Zeit gab es Nächte, in denen ich dachte: Das ist das Ende."

Viel Heimweh habe sie, sagte sie auch der "New York Times". "Ich hatte ein gutes Leben, bis dieser Albtraum begann." Niemals habe sie ihre Heimat verlassen wollen. Doch die Angst und die Panik nach den Verhören zwangen sie zu diesem Schritt. Inzwischen, so schreibt die "Bild" hat die junge Frau ein Forschungsstipendium an einer US-Universität erhalten. Danach wolle sie nach Deutschland zurück. "Heute will ich kein Opfer mehr sein", zitiert sie die "Welt". Und genau deshalb verarbeitete sie ihre Geschichte in ihrem Buch.

(das)
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