Lieferung aus Moskau Nato warnt Türkei vor Stationierung von russischer Raketenabwehr

Brüssel · Russland beliefert die Türkei mit dem Raketenabwehrsystem S-400. Die Nato sieht das kritisch und hat eine Warnung ausgesprochen und mögliche Konsequenzen angedroht.

 Lastwagen der russischen Streitkräfte mit dem Flugabwehrsystem S-400 fahren am 09.05.2016 über den Roten Platz in Moskau. Das Abwehrsystem soll nun auch an die Türkei ausgeliefert werden.

Lastwagen der russischen Streitkräfte mit dem Flugabwehrsystem S-400 fahren am 09.05.2016 über den Roten Platz in Moskau. Das Abwehrsystem soll nun auch an die Türkei ausgeliefert werden.

Foto: dpa/Yuri Kochetkov

Die Nato hat das Mitgliedsland Türkei vor der Stationierung des russischen Raketenabwehrsystems S-400 gewarnt. „Wir sind besorgt angesichts der möglichen Konsequenzen“, sagte ein Bündnissprecher am Freitag in Brüssel. Für die Militärallianz sei es elementar, dass die Streitkräfte der Mitgliedstaaten im multinationalen Rahmen zusammenarbeiten können.

Der Sprecher spielte damit darauf an, dass Bündnispartner wie die USA die Zusammenarbeit mit der Türkei einschränken wollen, wenn diese das russische Raketenabwehrsystem S-400 stationiert. Die Regierung in Washington befürchtet unter anderem, dass Russland über die empfindlichen Radare der S-400 an Daten über die Fähigkeiten der neuen US-Tarnkappenflugzeuge F-35 gelangt. Die Türkei ist Partner beim Bau der F-35 und soll eigentlich um die 100 Jets bekommen.

Die erste Lieferung des umstrittenen russischen Raketenabwehrsystems S-400 kam am Freitag in der Türkei an. In den kommenden Tagen werde es weitere Lieferungen geben. Die Türkei argumentiert, dass das russische System nur zur nationalen Verteidigung eingesetzt werden solle und Entscheidungen über Waffenkäufe eine nationale Angelegenheit seien.

Es dürfte bis Oktober dauern, bis das Abwehrsystem laut türkischen Medienberichten vollständig einsetzbar ist. Wo das S-400-Luftabwehrsystem eingesetzt werden soll, will die türkische Regierung nicht mitteilen. Die USA hatten die Türkei gedrängt, den Kauf abzublasen, der Berichten zufolge mehr als zwei Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) kostet. Washington drohte mit Wirtschaftssanktionen für den Fall, dass Ankara den Kauf abschließt.

In den kommenden Tagen sollten weitere Teile geliefert werden, gaben die türkischen Behörden bekannt. Sobald das System einsatzfähig sei, werde entschieden, „wie es genutzt wird“, erklärte die türkische Behörde für die Rüstungsindustrie.

Kremlsprecher Dmitri Peskow begrüßte die Auslieferung. Alles laufe strikt im Einklang mit den Vereinbarungen und unterzeichneten Verträgen. Einen Zeitplan für die Auslieferung nannte er nicht. Beide Seiten fühlten sich aber verpflichtet, den Kaufvertrag einzuhalten.

Im türkischen Fernsehen war die Landung von zwei russischen Flugzeugen mutmaßlich mit Zubehör für das S-400-System zu sehen. Der türkische Sender NTV meldete, insgesamt seien drei Flugzeuge angekommen.

Washington hat Ankara mehrfach davor gewarnt, dass das russische Abwehrsystem nicht kompatibel mit den Waffensystemen der Nato sei. Außerdem sei das S-400 eine Sicherheitsgefahr für das Hightech-Kampfflugzeug F-35. Bereits 2018 hatten die USA Sanktionen gegen die Türkei verhängt, damals wegen der Festnahme eines amerikanischen Pastors. In der Türkei lösten die Strafmaßnahmen eine Währungskrise aus.

Die USA haben auch angekündigt, dass sich die Türkei im Falle eines Kaufs des S-400-Systems nicht mehr am Programm zur Produktion der F-35-Flieger beteiligen dürfe. Die USA trainieren türkische Piloten bereits nicht mehr in den Jets. Allen finanziellen Verpflichtungen beim F-35-Programm sei nachgekommen worden, betont dagegen Ankara. Ein Ausschluss von dem Programm sei deshalb rechtswidrig.

Was das russische System angeht, argumentiert die Türkei, es sei eine Frage der nationalen Souveränität, welche Ausrüstung sie kauft. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte: „Wir haben immer im Hinblick auf S-400 gesagt, dass es eine Vereinbarung ist, die abgeschlossen wurde und der Prozess schreitet weiterhin voran.“ Er sagte zu Journalisten: „Es gibt kein Problem und der Prozess wird auf gesunde Weise fortgesetzt.“

(mja/dpa/ap)
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