Abkommen mit Deutschland Namibische Aktivisten reichen Klage gegen Kolonialabkommen ein

Windhuk · In Namibia haben Gegner des Abkommens mit Deutschland zur Kolonialvergangenheit die Regierung in Windhuk angeklagt. Das Ziel: Die „Gemeinsame Erklärung“ mit Deutschland 2021 soll außer Kraft gesetzt werden.

Ein Denkmal erinnert im Zentrum der namibischen Hauptstadt Windhuk an den von deutschen Kolonialtruppen begangenen Völkermord an den Herero und Nama von 1904 bis 1907. Die Inschrift laut übersetzt etwa: „Ihr Blut nährt unsere Freiheit“.

Ein Denkmal erinnert im Zentrum der namibischen Hauptstadt Windhuk an den von deutschen Kolonialtruppen begangenen Völkermord an den Herero und Nama von 1904 bis 1907. Die Inschrift laut übersetzt etwa: „Ihr Blut nährt unsere Freiheit“.

Foto: dpa/Jürgen Bätz

Gegner des Abkommens mit Deutschland zur Kolonialvergangenheit in Namibia haben ihre Regierung in Windhuk angeklagt. Ihr Ziel ist es, die „Gemeinsame Erklärung“ außer Kraft zu setzen. In der Vereinbarung hatte sich Deutschland 2021 nach jahrelangen Verhandlungen bereiterklärt, mehr als eine Milliarde Euro Entwicklungsgelder an Namibia zu zahlen.

Bei den Klägern handelt es sich um den Politiker Bernadus Swartbooi sowie Vertreter der Nama und Herero. Ihrer Ansicht nach verstößt die Gemeinsame Erklärung gegen Parlamentsregeln und -entscheidungen sowie gegen Namibias Verfassung. „Sie wurde ohne Beteiligung der von den tragischen Geschehnissen von 1904 bis 1908 Betroffenen oder allgemein der namibischen Öffentlichkeit verfasst“, so Swartbooi in einer Erklärung an das Oberste Gericht in Namibia. Weiter betont der Anführer der Oppositionspartei Landless People's Movement (LPM): „Das namibische Volk litt und leidet immer noch unter den Folgen des Kolonialismus.“

Als Gegenparteien sind gelistet der namibische Parlamentssprecher, die Nationalversammlung, Präsident Hage Geingob, dessen Kabinett und der Generalstaatsanwalt. In Windhuk gab es in den vergangenen eineinhalb Jahren wiederholt Proteste gegen das Abkommen mit Deutschland. Kritiker werfen diesem fehlende Inklusivität vor.

So spielten die Nachfahren der Herero und Nama in den Konsultationen eine „eher symbolische Rolle“, meint Namibia-Experte Henning Melber. Überdies seien jene Nama und Herero ignoriert worden, deren Vorfahren vor den deutschen Truppen außer Landes geflohen waren. „Als Nachfahren der am meisten betroffenen Bevölkerungsgruppen, die aufgrund der Folgen des Genozids in Südafrika und Botswana leben, gehört ihnen durchaus eine Stimme“, sagte Melber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Am Freitag betonte der Kultur- und Menschenrechtsaktivist Stephen Kazeire Raurau: „Die Bedenken, die das Volk gegen die Regierung und ihre falsche Handhabung des Problems äußerte, wurden bislang ignoriert. Es ist höchste Zeit, dass Namibia das korrigiert.“

Namibia war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Im Mittelpunkt des Dialogs zwischen Deutschland und Namibia standen die Geschehnisse zwischen 1904 und 1908, als deutsche Truppen unter Lothar von Trotha (1848-1920) Zehntausende Herero und Nama töteten.

Ende Mai 2021 hatten sich Deutschland und Namibia im Grundsatz auf eine „Gemeinsame Erklärung“ verständigt. Damit das Papier tatsächlich in Kraft treten kann, muss es allerdings von den Regierungen beider Länder bestätigt werden. Von namibischer Seite ist das bisher nicht geschehen. Derzeit laufen Verhandlungen über einen Zusatz zu der Erklärung.

(aku/kna)
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