Namensstreit Mazedonien sprengt Regierung in Athen

Skopje/Athen · Nächster Akt im Namensstreit um die kleine Republik: Aus Protest gegen die Umbenennung des Nachbarstaats tritt der griechische Verteidigungsminister zurück. Regierungschef Tsipras droht jetzt ein schnelles politisches Aus.

 Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras am Sonntag in Athen.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras am Sonntag in Athen.

Foto: AP/Yorgos Karahalis

Es ist eine schier endlose Geschichte: Seit dem Zerfall Jugoslawiens vor beinahe drei Jahrzehnten ringt die kleine ehemalige Teilrepublik Mazedonien um ihre staatliche Identität und ihre Zukunft in Europa. Das Wochenende brachte einen neuen Akt des Dramas: Das mazedonische Parlament tat den letzten entscheidenden Schritt für die Eröffnung der Verhandlungen über einen Beitritt zu EU und Nato, indem es für die Änderung des Staatsnamens in „Republik Nord-Mazedonien“ stimmte. Das sollte den Namensstreit mit Griechenland beenden, dessen nördliche Provinz Makedonien heißt.

Grundlage für die Änderung ist das sogenannte Prespa-Abkommen, bei dem sich die Regierungen in Skopje und Athen im Vorjahr auf den neuen Staatsnamen geeinigt hatten. Damit der Vertrag in Kraft treten kann, muss auch das griechische Parlament zustimmen.

Aber nun ist wieder ungewiss, wie es weitergeht. Denn als Reaktion auf die Umbenennung trat am Sonntag der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos zurück. Seine nationalistische „Unabhängigkeitspartei“ Anel lehnt das Prespa-Abkommen ab, weil Ministerpräsident Alexis Tsipras darin den alleinigen Anspruch auf den Namen „Mazedonien“ aufgegeben habe. Die Namensvereinbarung lasse ihm „nichts anderes übrig, als mein Amt zu opfern“, sagte Kammenos zur Begründung seines Rücktritts. Seine Partei werde die Regierung verlassen.

Tsipras kündigte an, noch in dieser Woche im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Er kann auf Stimmen unabhängiger Abgeordneter und der Mitte-links-Splitterpartei To Potami rechnen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Vertrag vom Parlament gebilligt wird. Findet er dagegen keine neue Mehrheit, steht eine Neuwahl an. Zum neuen Verteidigungsminister will Tsipras den derzeitigen Generalstabschef Evangelos Apostolakis berufen.

Trotzdem ist die Zukunft seiner Regierung unsicher. Tsipras kündigte an, er wolle bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im Oktober weiterregieren und bei Abstimmungen im Parlament „Mehrheiten ad hoc“ suchen. Für Griechenland, das sich gerade an die Kapitalmärkte zurückzukämpfen versucht, könnte das allerdings eine monatelange politische Stagnation bedeuten.

Viele politische Beobachter in Athen erwarten deshalb, dass Tsipras die Parlamentswahl vorziehen muss. Als ein möglicher Termin gilt der 26. Mai, gleichzeitig mit der Europawahl. Glaubt man den Meinungsforschern, kann der Regierugschef nicht damit rechnen, dass ihn die Wähler im Amt bestätigen. In den Erhebungen liegt das Linksbündnis Syriza rund zehn Prozentpunkte hinter der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia.

Seit 2006 blockiert Griechenland nun schon mit seinem Veto die europäische Integration Mazedoniens. Und nicht zuletzt Russland ist daran interessiert, dass sich am Status quo nichts ändert. Kremlchef Wladimir Putin will einen Nato-Beitritt Mazedoniens verhindern, um den Einfluss des Westens auf dem Balkan zu begrenzen. Die Nationalisten in Mazedonien und Griechenland gelten als Verbündete, die nach Einschätzung von Experten vom Kreml finanziell unterstützt werden. Auffallend ist die Hartnäckigkeit, mit der Mazedoniens nationalistischer Präsident Gjorge Ivanov sich weigert, den neuen Staatsnamen mit seiner Unterschrift abzusegnen. Nach der dritten Zurückweisung kann die  Verfassungsänderung allein mit Regierungsmehrheit beschlossen werden.

Die Abstimmung am Freitag war alles andere als glatt verlaufen. Am Ende brachte der sozialdemokratische Premier Zoran Zaev nur denkbar knapp, mit 81 von 120 Stimmen, die nötige Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung zustande. Die EU feierte das Ergebnis bereits als Vorbild für Versöhnungspolitik. Möglicherweise war das voreilig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort