Nachfolge von Theresa May Boris Johnson liegt vorn – aber wer wird sein Herausforderer?

London · In einer ersten Abstimmung unter den konservativen Abgeordneten deklassiert der Ex-Außenminister seine Konkurrenten. Es könnte nun auf ein Duell mit Jeremy Hunt um den Parteivorsitz und den Job des Premierministers hinauslaufen. Hunt nämlich profitiert von einer Affäre des Erz-Brexiteers Michael Gove.

 Boris Johnson verlässt am Donnerstag sein Haus in London.

Boris Johnson verlässt am Donnerstag sein Haus in London.

Foto: AP/Frank Augstein

Der Favorit wurde den Erwartungen gerecht. Boris Johnson hat sich als der klare Spitzenreiter der Konservativen im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May bestätigt. Im ersten Wahlgang der Regierungsfraktion stimmten am Donnerstag 114 Abgeordnete für Johnson. Auf Platz zwei landete Außenminister Jeremy Hunt mit 43 Stimmen. Der Wahlgang diente dazu, die schwächsten Bewerber in dem zehn Kandidaten umfassenden Feld auszusieben. Wer nicht mehr als fünf Prozent der möglichen Stimmen – 16 Voten bei 313 Tory-Abgeordneten – auf sich vereinigen konnte, wurde eliminiert. Daher schied der frühere Parlamentsgeschäftsführer Mark Harper ebenso aus wie die beiden einzigen Frauen, Ex-Parlamentsministerin Andrea Leadsom und Ex-Arbeitsministerin Esther McVey.

Es war der erste Wahlgang der Regierungsfraktion; weitere sind ab Dienstag angesetzt. Die Abgeordneten haben die Aufgabe, das Kandidatenfeld auf zwei Finalisten zu reduzieren. Die beiden Bestplatzierten werden sich einer Urwahl stellen müssen. Erst dann beginnt der eigentliche Wahlkampf. Er wird vier Wochen dauern, in denen die Wettläufer das Land bereisen, die Ortsvereine besuchen und sich in Debattenschlachten messen müssen. Ende Juli soll dann das Ergebnis der Briefwahl vorliegen, in der die rund 160.000 Mitglieder der Konservativen Partei den neuen Regierungschef Großbritanniens benennen – denn der Parteichef wird auch Premierminister werden.

Nachdem Johnson einen überzeugenden Start hinlegen konnte, konzentriert sich jetzt das Interesse darauf, wer sein Konkurrent wird. Umweltminister Michael Gove hat als Drittplatzierter mit 37 Stimmen schlechter abgeschnitten als erwartet. Er ist ein ausgewiesener Brexiteer und hat zusammen mit Johnson während des Referendums die Austrittskampagne angeführt. Doch ein Kokain-Skandal macht ihm zu schaffen: Er musste zugeben, vor 20 Jahren das weiße Pulver geschnupft zu haben. Seine Chancen sind seitdem gesunken. Das hat weniger damit zu tun, dass er Drogen genommen hat, sondern eher damit, dass er kokste und gleichzeitig als Journalist der „Times“ Drogenkonsum verdammte.

Davon profitierte Hunt. Der Außenminister bietet sich als die seriöse Alternative zu Johnson an, dem das Image des Polit-Clowns anhängt. Hunt hatte im Referendum für den Verbleib in der EU gestimmt und warnt vor einem No-Deal-Brexit. Der 52-Jährige gilt als das reichste Mitglied im Kabinett. Er hat Millionen als Unternehmer gemacht, bevor er in die Politik ging, und stilisiert sich als jemand, dem ein Deal im Blut liegt – als ein Gegenentwurf zu Johnson, der auf Biegen und Brechen am 31. Oktober austreten will und auch einen No-Deal-Brexit riskieren würde.

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