Nach Tunesien abgeschoben Sami A. wirft Deutschland Entführung vor

Berlin · Der mutmaßliche Bin-Laden-Leibwächter Sami A. wirft Deutschland vor, ihn nach Tunesien entführt zu haben. Der Deutsche Anwaltverein fordert unterdessen eine Aufklärung der Rolle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in dem Fall.

Sami A. soll Leibwächter von Osama bin Laden (Foto) gewesen sein.

Sami A. soll Leibwächter von Osama bin Laden (Foto) gewesen sein.

Foto: dpa/Mazhar Ali Khan

In der "Bild"-Zeitung vom Dienstag warf der inzwischen in Tunesien inhaftierte Sami A. Deutschland vor, ihn "entführt" zu haben. "Um drei Uhr früh haben sie mich einfach (aus dem Abschiebegefängnis) mitgenommen. Ich habe der Polizei gesagt: Das geht so nicht, ein Gericht hat meine Abschiebung untersagt! Aber sie haben gesagt, dass das von ganz oben kommt und ich nichts dagegen tun könne."

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat Aufklärung zur Rolle des

Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei der Abschiebung des mutmaßlichen Islamisten Sami A. gefordert.

"Es wird immer klarer, dass das Bamf im gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen getäuscht hat", erklärte DAV-Präsident Ulrich Schellenberg am Dienstag. "Das Bamf wusste, dass eine gerichtliche Entscheidung unmittelbar bevorsteht, und hätte deshalb vor dieser Entscheidung keine unumkehrbaren Fakten zu Lasten von Sami A. schaffen dürfen."

Bamf-Präsident Hans-Eckard Sommer müsse "unverzüglich" erklären, "wann und in welcher Form sein Haus über den bevorstehenden Flug am Morgen des 13. Juli 2018 informiert wurde und weshalb diese Informationen nicht sofort dem Gericht mitgeteilt wurden". Sollte das Bamf selbst von dem Flug überrascht worden sein, stelle sich die Frage, ob ein "schweres Organisationsverschulden" vorliege.

Die Abschiebung des mutmaßlichen Ex-Leibwächters des langjährigen Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden sorgt schon seit Tagen für Debatten. Der als islamistischer Gefährder eingestufte Tunesier war am Freitagmorgen in sein Heimatland abgeschoben worden. Am Vortag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein Abschiebeverbot verhängt, doch lag diese Entscheidung den Behörden beim Abflug der Maschine mit Sami A. nicht vor.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck kritisierte das Vorgehen der Behörden am Dienstag scharf. "Man beugt nicht den Rechtsstaat", sagte Habeck im ZDF-"Morgenmagazin". "Jetzt stehen wir da wie eine Chaostruppe, und das haben (Bundesinnenminister Horst) Seehofer, das nordrhein-westfälische Innenministerium wahrscheinlich zu verantworten."

(csr/AFP)
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