Zeitung fordert Anklage wegen Hochverrat Mussawi als US-Agent gebrandmarkt

Teheran (RPO). Die iranische Führung bringt immer härtere Anschuldigungen gegen Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi vor. In einem am Samstag veröffentlichten Leitartikel der konservativen Zeitung "Kajhan" bezeichnete ein ranghoher Berater des geistlichen Staatsoberhaupts Ayatollah Ali Chamenei den Oppositionsführer als Agenten der Vereinigten Staaten.

"Man muss sich ernsthaft die Frage stellen, ob die Aktionen (von Mussawi und seinen Anhängern) auf Anweisungen der US-Behörden zurückgehen", schrieb Hossein Schariatmadari.

Es war das erste Mal seit der Präsidentenwahl am 12. Juni, dass solche Vorwürfe öffentlich gegen den nach amtlicher Darstellung unterlegenen Kandidaten erhoben wurden. Mussawi habe "unschuldige Menschen umgebracht, einen Aufruhr veranstaltet, mit Ausländern kollaboriert und als Amerikas fünfte Kolonne im Lande agiert".

Dafür gebe es eindeutige Beweise, schrieb Schariatmadari weiter. Nun wolle er seiner Strafe entgehen. Mussawi und ebenso der frühere reformorientierte Präsident Mohammed Chatami sollten dem Berater zufolge vor Gericht gestellt und "wegen schrecklicher Verbrechen und Hochverrats" angeklagt werden.

Bei den Protesten nach der Verkündung des amtlichen Erdrutschsieges von Präsident Mahmud Ahmadinedschad kamen nach Polizeiangaben 20 "Unruhestifter" und bis zu acht Mitglieder der regierungstreuen Basidschi-Miliz ums Leben. Seit rund einer Woche wird in Teheran nicht mehr demonstriert, doch zweifelt die Opposition weiterhin öffentlich das Wahlergebnis an - ungeachtet der offiziellen Billigung durch Chamenei.

Großayatollah ermahnt Sicherheitskräfte

Bislang hat allerdings nur einer der führenden schiitischen Geistlichen im Lande Ahmadinedschad zur Wahl gratuliert. In der Theologenstadt Kom südlich von Teheran herrscht Tiefe Skepsis, wie auch eine offizielle Erklärung von Großayatollah Jussef Sanei zeigte.

Weil so viele Iraner die Ergebnisse der Wahl infrage stellten, fehle es der Regierung an Unterstützung, schrieb Sanei. "Deswegen könnte die Regierung mit juristischen und gesellschaftlichen Problemen sowie mit einem Mangel an Kompetenz konfrontiert sein", erklärte der Großayatollah, einer der neun einflussreichsten Geistlichen im Lande.

"Ich ermahne alle Kräfte, die zum Schutz der Menschen da sind, dass kein Befehl als Entschuldigung oder Erlaubnis dienen sollte, die Rechte der Menschen einzuschränken - geschweige denn Personen zu töten oder zu verletzen", schrieb Sanei auf seiner Website. Der Großayatollah ist beim iranischen Volk sehr beliebt, bei der Regierung, die er schon häufiger kritisiert hat, allerdings weniger.

Der unterlegene republikanische US-Präsidentschaftskandidat John McCain forderte seine Landsleute anlässlich des Unabhängigkeitstags zur Solidarität mit der iranischen Oppositionsbewegung auf. Die USA hätten eine moralische Verpflichtung, das Regime zu verurteilen und für die Opposition einzustehen, für die "Millionen Iraner, die Schlagstöcken, Inhaftierungen und Schüssen trotzen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen", sagte der Senator. Die Opposition wolle von den USA keine Waffen, es gehe nur darum, Solidarität zu zeigen und die sie unterdrückenden Tyrannen zu verurteilen. "Wir haben die moralische Pflicht, das zu tun."

(AP)
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