"Keine gemeinsame Sache mit Putschisten" Muslimbrüder weisen Versöhnungsangebot zurück

Kairo · Die Muslimbruderschaft hat das Angebot zur Beteiligung an einer neuen ägyptischen Regierung ausgeschlagen. "Wir machen keine gemeinsame Sache mit Putschisten", sagte ein Sprecher der Muslimbrüder, nachdem der neue Regierungschef Hasem Beblawi der Partei der Bewegung eine Mitarbeit angeboten hatte.

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Die Muslimbrüder wiesen "alles zurück", was mit dem "Staatsstreich" zu tun habe, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur AFP weiter.

Die staatliche Nachrichtenagentur Mena hatte am Dienstagabend einen Sprecher des Präsidialamts mit den Worten zitiert, dass der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, dem politischen Arm der Muslimbrüder, einige Kabinettsposten angeboten würden.

Übergangspräsident Adli Mansur hatte den früheren Finanzminister Beblawi an Dienstag mit dem Posten des Regierungschefs betraut.

Milliarden aus arabischen Staaten

Unterdessen sollen Milliardenbeträge aus dem Ausland das vom staatlichen Zerfall bedrohte Ägypten stabilisieren. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten am Dienstagabend Hilfen in Höhe von acht Milliarden Dollar (6,3 Milliarden Euro) an. Der Zeitplan, den Übergangspräsident Adli Mansur zur Beendigung der Staatskrise vorlegte, stieß überwiegend auf Ablehnung.

Saudi-Arabiens Wirtschaftshilfe in Höhe von fünf Milliarden Dollar setze sich aus einer zinslosen Einlage in Ägyptens Zentralbank, einer Spende sowie dem Gegenwert für Gas- und Öllieferungen zusammen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur SPA. Die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten Hilfszahlungen in Form einer Spende und einer zinslosen Einlage in Höhe von zusammen drei Milliarden Dollar an.

Saudi-Arabiens König Abdullah hatte die Entmachtung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär vor einer Woche begrüßt und als erstes Staatsoberhaupt dem neuen Übergangspräsidenten Adli Mansur gratuliert.

Plan zur Regierungsbildung abgelehnt

Die wichtigste laizistische Oppositionsgruppierung Ägyptens, die Nationale Heilsfront, lehnte den von Mansur per Dekret präsentierten Zeitplan für einen demokratischen Übergang jedoch ab. In einer in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichten Erklärung kritisierte die Heilsfront, an der Ausarbeitung des Plans nicht beteiligt worden zu sein, und kündigte einen Forderungskatalog mit Änderungswünschen an.

Der bisherige Chef der Heilsfront, der Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei, war in die neue Führung in Kairo eingebunden und am Dienstag zum Vizepräsidenten für auswärtige Beziehungen ernannt worden. Auch die maßgeblich an den Protesten gegen Mursi beteiligte Tamarod-Bewegung meldete Änderungswünsche an und beklagte ebenfalls, übergangen worden zu sein.

Mansurs Zeitplan sieht baldige Parlamentswahlen und die Überarbeitung der unter Mursi verabschiedeten Verfassung vor. Die Übergangsphase soll binnen sieben Monaten abgeschlossen sein, spätestens im Februar soll eine neue Volksvertretung zusammentreten. Den ehemaligen Finanzminister Hasem al-Beblawi machte Mansur zum Regierungschef.

In einer seiner ersten Amtshandlungen ließ al-Beblawi über das Präsidialamt verlauten, dass er die Muslimbrüder in die neue Regierung einbinden wolle und ihnen einige Kabinettsposten anbieten werde. Diese hatten jedoch die Pläne Mansurs abgelehnt und landesweit zu neuen Massenprotesten aufgerufen.

Seit der Festnahme Mursis und seiner Gefolgsleute durch die Streitkräfte kommt Ägypten nicht mehr zur Ruhe. Täglich liefern sich Mursis Anhänger gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften des Landes; allein am Montag wurden dabei mehr als 50 Menschen getötet.

Auch auf der politisch instabilen Sinai-Halbinsel an der Grenze zum Gazastreifen und zu Israel haben die Attacken seit dem Sturz Mursis zugenommen. Bewaffnete islamistische Gruppen nutzen die unsichere Lage, um ihren Machtbereich auszudehnen und greifen im Norden der Halbinsel verstärkt Kontrollposten der Armee und der Polizei an.

An einem Kontrollpunkt wurden in der Nacht zum Mittwoch nach Angaben von Ärzten zwei Menschen getötet. Auch Polizeistützpunkte in der Nähe der Stadt Rafah wurden von Extremisten angegriffen.

(AFP)
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