Bevölkerung stimmt über neue Verfassung ab Mursi ruft Referendum aus

Kairo · Das Datum, an dem sich Ägyptens Zukunft entscheiden soll, steht: Am 15. Dezember sollen die Ägypter über den umstrittenen Verfassungsentwurf abstimmen. Eine Mehrheit der islamischen Kräfte gilt als wahrscheinlich. Zuvor waren Zehntausende Islamisten für den Präsidenten auf die Straße gegangen.

 Präsident Mursi gab am Samstag im ägyptischen Fernsehen das Datum bekannt, an dem seine Landsleute über die neue Verfassung abstimmen.

Präsident Mursi gab am Samstag im ägyptischen Fernsehen das Datum bekannt, an dem seine Landsleute über die neue Verfassung abstimmen.

Foto: dapd, Anonymous

Präsident Mohammed Mursi verkündete das Datum am Samstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede, nachdem ihn die von den Islamisten dominierte verfassunggebende Versammlung angenommen hatte. Zuvor hatten Zehntausende Anhänger Mursis die Stärke der Islamisten und ihre Unterstützung für den politischen Kurs des Präsidenten gezeigt und mit einer Großkundgebung in Kairo auf Proteste der Opposition am Vortag reagiert.

Das Referendum werde ein Meilenstein in Ägyptens demokratischer Erfahrung, sagte Mursi in seiner Ansprache. "Ich bete zu Gott und hoffe, dass es ein neuer Tag der Demokratie in Ägypten wird", sagte Mursi in Bezug auf das Referendum. Er rief insbesondere die Gegner des Verfassungsentwurfs auf, abstimmen zu gehen. Er wolle über Meinungsverschiedenheiten und Zank hinweg kommen. Große interne und externe Herausforderungen lägen vor ihnen, sagte er.

Mehr als 100.000 Anhänger Mursis feierten die Entscheidung auf einem zentralen Kairoer Platz und tanzten und sangen. Auf der anderen Flussseite demonstrierten einige Tausend Gegner Mursis auf dem zentralen Tahrir-Platz und reckten als Zeichen der Verachtung ihre Schuhe in die Höhe. "Die Menschen unterstützen die Entscheidung des Präsidenten", riefen Demonstranten vor der Kairoer Universität vor der Entscheidung. Sie bezogen sich damit auf die Dekrete, mit denen sich Mursi vergangene Woche fast unbegrenzte Macht verlieh.

Auf den Schildern der Demonstranten stand geschrieben "Ja zur Stabilität" und "Ja zum islamischen Recht". Sie schwenkten ägyptische Flaggen und hielten Fotos von Mursi in die Höhe.

Schulz und Westerwelle ermahnen Mursi

Nun ist das Verfassungsgericht am Zug. Die Richter wollen am (morgigen) Sonntag über eine Auflösung der verfassunggebenden Versammlung entscheiden. Unklar war, ob dies nun noch Auswirkungen auf den nun angenommenen Verfassungsentwurf haben könnte.

Am Vortag hatten rund 200.000 Menschen ihrem Unmut über Mursis Politik Luft gemacht. Die Opposition kündigte weitere Proteste an und möglicherweise auch einen Marsch auf den Präsidentenpalast.

Die Bundesregierung und die Europäische Union erhöhten ihrerseits den Druck auf die ägyptische Regierung und forderten demokratische Reformen. "Die Europäische Union muss unmissverständlich klarmachen, dass es ohne plurale Demokratie in Ägypten weder wirtschaftliche noch politische Zusammenarbeit geben kann", sagte der Präsident des europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Außenminister Guido Westerwelle (FDP) appellierte "an den Präsidenten und die Verantwortlichen, einen breiten und inklusiven Prozess zu ermöglichen, in den sich alle gesellschaftlichen Gruppen einbringen können."

(APD)
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