Italiens Ministerpräsident und die Krise Monti: Nach einer Amtszeit ist Schluss

Rom · Der Wirtschaftsexperte und frühere EU-Kommissar steht seit vergangenem November an der Spitze einer Experten-Regierung. Doch weitermachen will Mario Monti, der so gar nichts mit dem üblichen italienischen Filz zu schaffen hat, nicht. Die politische Landschaft Italiens sortiert sich neu.

Mario Monti - ein deutscher Italiener
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Mario Monti - ein deutscher Italiener

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Italien steht vor dem politischen Umbruch. Zwar mehren sich in jüngster Zeit die Stimmen, die Regierungschef Mario Monti dazu auffordern, über seine im Frühjahr 2013 endende Amtszeit hinaus als Ministerpräsident im Amt zu bleiben. Doch für den Ökonomie-Professor aus Norditalien steht fest: Nach dieser Amtszeit ist Schluss.

Dass Monti eine Welle der Sympathie entgegenschlägt, hat seine Gründe: Zu gut hat er nach Meinung seiner Unterstützer den ihm vor Jahresfrist angetragenen Job erledigt und Italien vorläufig vor dem Bankrott gerettet.

In einer Umfrage beurteilen 52 Prozent der Italiener die Arbeit der Regierung positiv, zu Monti haben sogar 55 Prozent Vertrauen. Auch die Regierungen der europäischen Partner würden aufatmen, wenn der "Professore" ein neues politisches Mandat übernehmen würde. Ein Niedergang Italiens wäre auch für die Nachbarn dramatisch.

Das Vertrauen in die Parteien ist gering

Der Professor aber lehnt ab. Seine Amtszeit sei begrenzt. Auch gegen die jüngsten Avancen der Christdemokraten, die dem Parteilosen gesinnungsmäßig am nächsten stehen, zeigte er sich immun: "Es ist undenkbar, dass es in einem großen demokratischen Land nicht möglich ist, einen Regierungschef per Wahl zu bestimmen."

Viele Italiener haben jedoch ihre Volksvertreter satt. Diese haben durch ihre Klientelpolitik, die Skandale und die Sicherung ihrer Privilegien eine immer höhere Staatsverschuldung erzeugt und sich so bei den Wählern unbeliebt gemacht. Protestbewegungen wie das "Movimento 5 Stelle" (Fünf-Sterne-Bewegung) des Komikers Beppe Grillo verzeichnen großen Zulauf. Heute haben nur fünf Prozent der Italiener Vertrauen in die Parteien.

Auch Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat seinen Ruf ramponiert. Nach Umfragen unterstützen ihn derzeit weniger als 20 Prozent der Italiener, so wenige wie nie in den vergangenen Jahren. Eine vor allem in der EU gefürchtete Rückkehr Berlusconis an die Macht wirkt heute äußerst unwahrscheinlich.

Ihm und seiner Partei Volk der Freiheit (PdL) fehlen nicht nur Prozente, sondern vor allem die früheren Koalitionspartner. Berlusconi kann sich weder auf die Christdemokraten (UdC) — sie orientieren sich eher links der Mitte — noch auf die Lega Nord verlassen, die in einem Neuaufbau begriffen ist. In einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten der Demokratischen Partei (PD) wäre das Volk der Freiheit heute Juniorpartner.

Sozialdemokraten liegen in Umfragen vorn

Entschieden wird Italiens Zukunft vermutlich im linken Spektrum. Die Demokratische Partei (PD) und ihr Sekretär Pierluigi Bersani liegen in Umfragen vorn. Würde heute gewählt, gingen die Sozialdemokraten mit etwa 27 Prozent als Sieger aus der Wahl hervor.

Bersani, mehrfach Minister unter Romano Prodi und Massimo D'Alema, ist auch deshalb gegen eine erneute Kandidatur Montis — er will selbst an die Macht. Der 60-Jährige gilt als solider Pragmatiker, aber auch als Exponent der Seilschaften, die für Italiens Stillstand mitverantwortlich sind.

Der Weg zu Stabilität nach Monti ist noch weit. Ein besonders schmerzhafter Stachel im Fleisch des Parteisekretärs Bersani, der sich kurz vor dem größten Karrieresprung wähnt, ist der 37 Jahre alte Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi. Er ist Vertreter einer jungen Politikergeneration und will sich in einer Urwahl als Kandidat gegen Bersani durchsetzen. Ihm werden durchaus Chancen eingeräumt.

(RP/das)
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