Republik Moldau Zwischen europäischen Grenzlern und russischen Soldaten

Chisinau · Die Nato hat vor einer russischen Aggression in der Republik Moldau gewarnt. Offensichtlich sieht das Militärbündnis Parallelen zum Beginn der Ukraine-Krise. Tatsächlich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Moldau und der Ukraine - aber auch sehr viele Unterschiede.

 Chiril Gaburici ist seit dem 18. Februar der Premierminister der Republik Moldau.

Chiril Gaburici ist seit dem 18. Februar der Premierminister der Republik Moldau.

Foto: dpa, dd ks

Philip Breedlove, der Oberbefehlshaber der Militärallianz in Europa, nutzte einen Auftritt vor dem Verteidigungsausschuss der USA, um seine Warnung auszusprechen. Moskau könne beispielsweise versuchen, mit Hilfe der im abtrünnigen Gebiet Transnistrien stationierten russischen Truppen Moldau von einer Annäherung an den Westen abzuhalten, sagte Breedlove.

Die Befürchtung Breedloves ist, dass sich die Republik Moldau trotz einer pro-europäischen Regierung in Richtung Russland orientieren könnte. Dabei sind die politischen Verbindungen der Republik Moldau zu Europa in den vergangenen Jahren eher gestärkt als geschwächt worden. Erst im vergangenen Jahr hatte der Staat ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet. Nach solch einem Assoziierungsabkommenfolgt in der Regel eine Vertiefung der Partnerschaft, am Ende vielleicht sogar der Prozess, der zu einer Aufnahme eines Staates in die Europäische Union steht.

Federführend beim Zustandekommen dieses Abkommens und bei dessen Überprüfung war der westfälische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Elmar Brok. Wie "Spiegel Online" berichtet, reiste Brok noch Ende Januar in die moldawische Hauptstadt Chisinau, um der Regierung von Ministerpräsident Chiril Gaburici beim Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen und einer wachsenden Wirtschaft zu helfen.

Geografisch wird die Republik Moldau vom EU-Staat Rumänien auf der einen Seite und der Ukraine auf der anderen Seite eingerahmt. Die engsten wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen pflegt die Republik ebenfalls mit Rumänien.

Für Österreich ist die Republik Moldau ein Schwerpunktland in der Entwicklungszusammenarbeit. Die OECD lobte Mitte Januar das Engagement Österreichs. Besonders wurden Maßnahmen zur Stärkung des Privatsektor in dem Staat mit über drei Millionen Einwohnern gelobt.

Neben Kontakten zu einzelnen Mitgliedsstaaten arbeitet die Republik auch direkt mit Institutionen der EU zusammen. Ein Beispiel ist das Programm "European Union Border Assistance Mission to Moldova and Ukraine" (EUBAM). Im Rahmen dieses Programms unterstützt die Europäische Union seit 2005 Moldau bei Kontrollen und im Kampf gegen Schmuggel und grenzüberschreitende Kriminalität an der Grenze zur Ukraine.

Moldau nimmt auch an der EU-Wasser-Initiative teil, an der sich Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisien, die Republik Moldau, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan und die Ukraine beteiligen. Die Initiative will in den Teilnehmerländern einen umweltfreundlichen Umgang mit Wasser durchsetzen, aber auch die Wasserwirtschaft stärken. Moldau kooperiert mit der EU als einziges Land in fast allen Bereichen der Initiative. Nur bei der Neuregelung von Gesetzen zur Wasserwirtschaft unterstützt die EU das Land nicht - vermutlich auch, weil die EU hier keinen Handlungsbedarf mehr sieht, dem Land eigene Initiativen zutraut.

Trotz der engen wirtschaftlichen und politischen Bindung Moldaus an die EU und ihre Staaten, hat die Befürchtung des Nato-Oberbefehlshabers einen ernstzunehmenden Kern - und dieser liegt in der aktuellen Situation in der Region Transnistrien.

Das Gebiet Transnistrien gehört völkerrechtlich zur Republik Moldau, verwaltet sich aber de facto seit Anfang der 1990er Jahre selbst. Transnistrien besitzt eine eigene Regierung, Verwaltung und eine eigene Währung. 1990 spaltete sich die Region im Zuge der Auflösung der Sowjetunion von Moldau ab.Der Großteil der etwa 500.000 Einwohner Transnistriens ist russischsprachig. Seit mehr als 20 Jahren sind dort russische Truppen stationiert. Moskau unterstützt den knapp 34.000 Quadratkilometer großen, schmalen Landstreifen östlich des Dnjestr-Flusses seit Jahrzehnten auch wirtschaftlich und politisch. Eine von Russland aus gesteuerte Kampagne könnte aber auch die restlichen in Moldau lebenden Russen treffen. Einer Statistik der moldawischen Regierung zufolge, stammen neun Prozent der Bevölkerung der Republik Moldau aus Russland.

Dass es durchaus Rückhalt für einen pro-russischen Kurs in der Republik Moldau gibt, hat die vergangene Parlamentswahl gezeigt. Das EU-freundliche Lager kam auf rund 45 Prozent der Stimmen, die Moskau zugewandte Opposition auf etwa 40 Prozent.

Die Warnung von Philip Breedlove, dem Nato-Oberbefehlshaber, zielt auch darauf ab, dass durch eine aggressive russische Politik ein zweiter Transnistrien-Konflikt aufbrechen konnte. 1992 begannen offene Kampfhandlungen zwischen Moldau und dem um seine Souveränität kämpfenden Transnistrien. Dabei unterstützten russische Verbände die transnistrischen Einheiten, auf moldauischer Seite kämpften zahlreiche rumänische Freiwillige. Nach viereinhalb Monaten und hunderten Toten setzte Russland einen Waffenstillstand durch. Dieser wird seither von einer Truppe aus russischen, moldauischen und transnistrischen Soldaten überwacht.

(ac)
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