Rätselhafter Tod Milosevic sprach vor seinem Tod von Verschwörung

Den Haag/Düsseldorf (rpo). Um den Tod des jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic herrscht zunehmend Verwirrung. Mediziner wiesen in seinem Blut Spuren eines schädlichen Medikaments nach. Jetzt veröffentlichte die Nachrichtenagentur AP einen Brief Milosevics, in dem er behauptet, das Uno-Tribunal habe ihn mit Medikamenten töten wollen.

Zitate zum Tod Milosevics
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Foto: ddp

Den Brief schrieb der 64-Jährige den Angaben zufolge am 8. März an die russische Regierung. Sein Anwalt, Zdenko Tomanovic, übergab nach seinem Tod den Brief an die Nachrichtenagentur. Milosevic spricht in dem Schreiben von einer Verschwörung:

"Ich glaube, die Beharrlichkeit, mit der die medizinische Behandlung in Russland verweigert wurde, ist in erster Linie in der Befürchtung begründet, dass bei einer sorgfältigen Untersuchung entdeckt werden würde, dass aktive und mutwillige Schritte unternommen wurden, meine Gesundheit zu zerstören - und dies während des gesamten Verfahrens", schreibt Milosevic. Und dies könne vor russischen Spezialisten nicht verborgen werden.

Zum Schweigen bringen

In dem Brief beschuldigt Milosevic das Kriegsverbrechertribunal, ihn vergiftet zu haben. In dem Schreiben bezieht er sich auf eine Untersuchung vom 12. Januar, die er als Beweis für seine Beschuldigung anführt. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Antibiotikum in seinem Blut nachgewiesen worden, und dies, obwohl er nach eigenen Angaben im Gefängnis nie krank war.

Während der fünf Jahre im Gefängnis habe er nie ein Antibiotikum genommen, erklärt Milosevic in dem Schreiben. Doch auch die toxikologische Untersuchung des Leichnams zeigte Spuren eines Antibiotikums, das normalerweise gegen Lepra und Tuberkulose verschrieben wird, wohl "Rifampicin".

Der ehemalige Präsident vermutet ein Komplott. Erst am 7. März sei er von dem Ergebnis der Blutuntersuchung in Kenntnis gesetzt worden. "In jedem Fall können diejenigen, die mir ein Medikament gegen Lepra aufzwingen, gewiss nicht meine Krankheit behandeln; ebenso wenig wie die, gegen die ich mein Land in Kriegszeiten verteidigt habe und die ein Interesse daran haben, mich zum Schweigen zu bringen.

Mediziner: "Milosevic nahm Medikamente selbst"

Ein Mediziner dagegen verfolgt eine andere Manipulationstheorie. "Ich bin sicher, dass er die Medizin selbst genommen hat, weil er einen Fahrschein nach Moskau wollte", sagte der niederländische Toxikologe Ronald Uges, der Milosevic vor zwei Wochen untersucht hatte.

Milosevic habe Rifampicin eingenommen, das normalerweise bei Tuberkulose und Lepra verschrieben wird und die Wirkung von Medikamenten gegen Bluthochdruck aufhebt, sagte der Toxikologe. Er habe den 64-Jährigen untersucht, weil die behandelnden niederländischen Ärzte wissen wollten, weshalb Milosevics Blutdruck trotz der Medikamente nicht sinke. Der frühere Staatschef hatte im Dezember beim UN-Kriegsverbrechertribunal vergeblich beantragt, sich in Moskau behandeln lassen zu dürfen.

In Milosevics Zelle wurden in der Vergangenheit nicht verordnete Medikamente gefunden, wie die Brüsseler Tageszeitung "Le Soir" unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Tribunals in Den Haag berichtete. Die Arzneimittel seien im Januar bei einer Durchsuchung von Milosevics Zelle im UN-Gefängnis in Scheveningen entdeckt worden.

Russland zieht Autopsie in Zweifel

Russlands Außenminister Sergej Lawrow zog die Ergebnisse der Autopsie von Milosevics Leiche in Zweifel. Es stehe ihm zu, der Autopsie des Haager Tribunals "nicht zu vertrauen". Er werde russische Ärzte nach Den Haag schicken, um zumindest in den Bericht Einblick zu nehmen.

Milosevics Sohn Marko bekam nach Angaben des niederländischen Außenministeriums ein Visum für drei Tage, das ab Montag gültig war. In dieser Zeit könne der Sohn des Verstorbenen in die Niederlande kommen und den Leichnam seines Vaters überführen. Der Milosevic-Anwalt Zdenko Tomanovic teilte mit, dass Milosevics Ehefrau Mira und sein Sohn beschlossen hätten, den früheren Staatschef in Belgrad zu bestatten.

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