Nach Putschversuch Malis Präsident Keïta zurückgetreten

Bamako · In dem westafrikanischen Land, in den auch deutsche Soldaten stationiert sind, hat es einen Putschversuch gegeben. Das Militär will für Neuwahlen sorgen. Die internationale Gemeinschaft reagiert zutiefst besorgt.

 Malis Präsidet Ibrahim Boubacar Keita im vergangenen Jahr.

Malis Präsidet Ibrahim Boubacar Keita im vergangenen Jahr.

Foto: dpa/Frank Franklin II

Die Anführer des Militärputsches in Mali haben versprochen, nach einer "politischen Übergangsphase" Neuwahlen abzuhalten. "Wir, die patriotischen Kräfte des Nationalen Komitees zum Wohl des Volkes, haben entschieden, unsere Verantwortung vor dem Volk und der Geschichte zu übernehmen", sagte Ismael Wagué, der stellvertretende Stabschef der Luftwaffe, im Staatsfernsehen. Stunden zuvor hatte Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keita seinen Rücktritt erklärt.

Neuwahlen würden "in angemessener Zeit" stattfinden, sagte Wagué, der überdies versprach, dass bestehende internationale Verträge eingehalten würden.

Keita verkündete seinen Rücktritt am frühen Mittwochmorgen in einer live im Fernsehen ausgestrahlten Ansprache. „Ich habe mich entschieden, meinen Posten zu verlassen“, sagte er - bekleidet mit einer Maske zum Schutz vor Covid-19. Am Dienstag hatten Soldaten bei einer Meuterei in der Garnisonsstadt Kati, die rund 15 Kilometer von der Hauptstadt Bamako entfernt liegt, Keita und weitere Mitglieder seiner Regierung festgenommen. Die internationale Gemeinschaft kritisierte die Meuterei. Bundesaußenminister Heiko Maas und UN-Generalsekretär António Guterres forderten die Freilassung der Festgesetzten.

Unter den Festgenommenen war auch Premierminister Boubou Cissé, wie Sidi Gakou, ein der Meuterei nahe stehender Offizier, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Der Hintergrund der Meuterei war bislang unklar. Der westafrikanische Staat steckt seit Monaten in einer politischen Krise. Die Opposition im Lande fordert den Rücktritt von Präsident Keïta. Seine Popularität war angesichts von Vorwürfen rund um Korruption und Wahlmanipulationen stark gesunken. Zudem wird er dafür kritisiert, die Gefahr durch den islamistischen Terror nicht in den Griff zu bekommen. Jüngst ist es immer wieder zu großen, teilweise gewalttätigen Protesten in dem Land gekommen.

In Bamako gab es am Dienstag der US-Botschaft zufolge Berichte von Soldaten, die durch die Stadt fuhren und in die Luft schossen. Zudem gebe es Berichte über Demonstranten, die sich in der Stadt versammelten. Zuvor hatten mehrere westliche Botschaften vor Spannungen und Unruhen gewarnt und ihren Bürgern vor allem in Bamako geraten, Zuhause zu bleiben.

Die Meuterei stieß international auf harsche Kritik. Außenminister Maas erklärte: „Wir verurteilen entschieden den Versuch, in Mali eine verfassungswidrige Machtübernahme durch das Militär herbeizuführen. Die verfassungsmäßige Ordnung muss wiederhergestellt werden“, zitierte das Auswärtige Amt via Twitter Maas. Die Soldaten müssten in ihre Kasernen zurückkehren, die Festsetzung von Regierungsmitgliedern beendet werden. Alle Seiten seien aufgerufen, auf Gewalt zu verzichten. Die Ereignisse seien kein Beitrag für die Stabilität und gesellschaftliche Aussöhnung.

Auch UN-Chef António Guterres äußerte sich „tief besorgt“: „Der Generalsekretär verurteilt die Maßnahmen nachdrücklich und fordert die sofortige Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und Rechtsstaatlichkeit in Mali“. Der westafrikanische Staatenverbund Ecowas rief ebenfalls zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung auf. Die Militärs sollten unverzüglich in ihre Kasernen zurückkehren. Der Staatenverbund verurteile jeden nicht der Verfassung des Landes entsprechenden Regierungswechsel „aufs Schärfste“.

Frankreich schloss sich den Aussagen von Ecowas an, wie es in einer Mitteilung des Außenministeriums hieß. Staatschef Emmanuel Macron habe mit Malis Präsidenten Keïta, dessen nigerianischen Amtskollegen Mahamadou Issoufou, dem Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, sowie dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall telefoniert, teilte der Élyséepalast mit. Macron habe seinen Gesprächspartnern uneingeschränkte Unterstützung ausgesprochen. Die frühere Kolonialmacht Frankreich ist in Westafrika massiv im Einsatz gegen Islamistenmilizen vertreten, Mali ist ein Schwerpunkt.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte via Twitter, der Putschversuch könne „in keiner Weise eine Antwort auf die tiefe gesellschaftspolitische Krise sein, die Mali seit mehreren Monaten getroffen hat“. In Absprache mit Ecowas, der AU und den Vereinten Nationen fordere die EU einen Dialog. Auch der Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, verurteilte die Festnahmen. Er rief zu ihrer sofortigen Freilassung auf. Zudem verurteilte er „jeden Versuch einer verfassungswidrigen Änderung“.

In Mali - sowie anderen Ländern der Sahelzone - sind etliche islamistische Terrorgruppen aktiv, einige haben dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Bereits rund 250 000 Menschen wurden aufgrund anhaltender Angriffe allein in Mali vertrieben.

In dem Land sind auch deutsche Soldaten als Teil der UN-Stabilisierungsmission Minusma sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali im Einsatz. Im Mai hatte der Bundestag mit großer Mehrheit für eine Ausweitung der Beteiligung deutscher Soldaten an der EUTM-Mission gestimmt. Minusma soll den Friedensprozess in Mali unterstützen, nachdem der Norden des Landes im Jahr 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen geraten war, bevor Frankreich militärisch eingriff. Die UN-Mission gilt als der gefährlichste derzeit laufende Auftrag der Bundeswehr.

(cpas/dpa)
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