Freigelassener Kreml-Kritiker verlässt Berlin Michail Chodorkowski in die Schweiz ausgereist

Berlin · Der russische Kremlgegner Michail Chodorkowski hat Berlin nach gut zwei Wochen verlassen und ist in die Schweiz gereist. Nach Angaben eines Sprechers fuhr der 50-Jährige am Sonntag mit der Bahn in die Schweiz, wo seine Familie lebt. Ob er sich dauerhaft dort niederlassen will, ist noch offen.

Chodorkowski erläutert Zukunftspläne
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Mit Chodorkowski reisten seine Frau Inna, die Zwillingssöhne Gleb und Ilja sowie die Tochter Anastasia, wie der Sprecher sagte. Die Familie hatte die Weihnachtstage und den Jahreswechsel wiedervereint in Berlin verbracht.

Der ehemalige Öl-Milliardär Chodorkowski hatte am 20. Dezember nach zehn Jahren Haft vorzeitig das Straflager in Nordrussland verlassen dürfen. Daraufhin war er nach Vermittlung durch den früheren Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher direkt nach Berlin geflogen.

Einsatz für politische Gefangene

Chodorkowski will sich von der Schweiz aus für die Befreiung von politischen Gefangenen in Russland einsetzen. Das sagte er am Sonntag während seiner Zugfahrt von Berlin in die Eidgenossenschaft dem Schweizer Fernsehen SRF. Er wolle möglichst viel dafür tun, dass auch andere politische Gefangene freikommen, erklärte der einst prominenteste politische Häftling Russlands, der erst vor knapp zwei Wochen nach rund zehn Jahren Lagerhaft auf freien Fuß gekommen war.

"Man kann doch nicht ruhig leben, wenn man weiß, dass in Gefängnissen politische Gefangene schmoren", sagte der einstige Oligarch nach Angaben der Schweizer Nachrichtenagentur sda.

"Das ist das erste Mal seit zehn Jahren, dass ich mit meiner Frau und meiner Familie zusammen sein kann", sagte Chodorkowski den SRF-Reportern. "Meine beiden jüngsten Söhne gehen in der Schweiz zur Schule und bald beginnt der Unterricht", erklärte er zum Grund seiner Reise in die Alpenrepublik.

Geschäftliche Beziehungen in der Schweiz

Chodorkowskis Frau und die Zwillinge leben in der Schweiz. Die Söhne gehen dort zur Schule. Die Tochter Anastasia lebt in Moskau. Die Schweiz hatte dem früheren russischen Öl-Magnaten ein Visum für drei Monate ausgestellt. Damit genehmigte das Land einen Antrag, den er kurz nach seiner vorzeitigen Entlassung aus einem russischen Straflager und seiner Ausreise nach Deutschland gestellt hatte.

In der Schweiz hat Chodorkowski geschäftliche Beziehungen, die aus seiner Zeit als Chef des Ölkonzerns Yukos herrühren. Als ihm in Russland der Prozess wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche gemacht wurde, wollten die russischen Behörden rund fünf Milliarden Dollar beschlagnahmen, die in der Schweiz deponiert waren.

Die Schweizer Behörden gaben das Geld jedoch nicht weiter, weil sie das Verfahren gegen Chodorkowski als politisch motiviert einstuften. Es ist unklar, wie viel von der Summe Chodorkowski persönlich gehört und ob er Zugang dazu hat.

(dpa/ap)
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