Kanzlerin auf USA-Reise Merkel stellt sich auf US-Strafzölle ein

Washington/Berlin · Heute trifft die Kanzlerin Präsident Donald Trump. Die Zweifel wachsen, ob sich der Handelskonflikt noch entschärfen lässt Ab Dienstag drohen hohe US-Importzölle auf Stahl und Aluminium.

 Angela Merkel und Donald Trump bei ihrem Treffen im Weißen Haus im März des vergangenen Jahres.

Angela Merkel und Donald Trump bei ihrem Treffen im Weißen Haus im März des vergangenen Jahres.

Foto: dpa, pg tba

Am Freitag trifft die Kanzlerin Präsident Donald Trump. Die Zweifel wachsen, ob sich der Handelskonflikt noch entschärfen lässt. Ab Dienstag drohen hohe US-Importzölle auf Stahl und Aluminium.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt sich auf eine Eskalation des Handelsstreits zwischen US-Präsident Donald Trump und der EU ein. Vor ihrem Treffen mit Trump heute in Washington teilten deutsche Diplomaten in Berlin mit, dass die Ausnahmeregelungen für die EU bei den neuen US-Strafzöllen auf Stahl- und Aluminium-Importe wahrscheinlich nicht über den 1. Mai hinaus verlängert würden. Allerdings hielt die Bundesregierung auch noch ein Einlenken Trumps kommende Woche in letzter Minute für möglich. Sie rechne weiter mit einer Verlängerung der Ausnahmeregelung für die EU-Länder, betonte die EU-Kommission in Brüssel, die für die Verhandlungen zuständig ist.

Die Erwartungen an den nur rund dreistündigen Arbeitsbesuch der Kanzlerin im Weißen Haus wurden drastisch nach unten geschraubt. Kurz zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron während seines Staatsbesuchs in Washington vermutet, Trump werde auch nicht am Atomabkommen mit dem Iran festhalten. Es war 2015 unter anderem von Trumps Vorgänger Barack Obama ausgehandelt worden.

Whisky und Jeans im Visier

Damit könnten die Besuche der beiden europäischen Regierungschefs bei Trump ins Leere laufen. Lange waren die transatlantischen Beziehungen nicht mehr so schlecht. Merkel will an Trump appellieren, die Einführung von Strafzöllen - bislang treffen die US-Maßnahmen vor allem China - für die EU weiter zu verschieben und zunächst über alle Industriezölle zu sprechen. Deutschland sei nicht der Auffassung, dass die Zölle etwa bei Autos gegenüber den USA unfair seien, hieß es in Berlin. Es sei aber legitim, alte Vereinbarungen zu überarbeiten und fortzuentwickeln. Dann müsse allerdings alles auf den Tisch - auch solche Produkte, die mit hohen US-Zöllen belegt seien, etwa Schuhe. Die EU drohte bereits ihrerseits mit Schutzzöllen auf US-Produkte wie Whisky und Jeans.

Selten war vor einer US-Reise der Kanzlerin die Kritik in Berlin an Washington so deutlich. Diplomaten äußerten Zweifel an Trumps Verständnis von Wirtschaftspolitik, weil er Importe als schädlich darstelle. Kein Ökonom der Welt sei dieser Ansicht, hieß es. Es wurde darauf verwiesen, dass zwar die deutsche Autoindustrie 480.000 Personenwagen jährlich in die USA liefere, aber aus ihren Werken in den USA mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen wiederum 493.000 Autos in die Welt exportiere. Deutsche Autos würden gekauft, weil sie attraktiv seien. Protektionismus und Angriffe auf den Freihandel seien für alle Seiten gefährlich, auch für die USA.

Jeder vierte Job hängt am Export

Die deutsche Wirtschaft reagierte besorgt auf die drohende Eskalation. Als Exportnation wäre Deutschland besonders betroffen. Beeinträchtigungen im Handel könnten den Konjunkturaufschwung früher beenden als erwartet. "In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export. In der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite", sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf.

Außenhandelspräsident Holger Bingmann hält Vergeltungsmaßnahmen für falsch. "Selbst wenn die Ausnahme von den Strafzöllen für EU-Unternehmen keinen Bestand haben sollte, warnen wir davor, mit EU-Ausgleichszöllen dagegenzuhalten", sagte Bingmann. Gleichzeitig wandte er sich gegen undurchsichtige Absprachen. "Es darf nicht zu einem windigen Hinterzimmer-Deal kommen, der in der Konsequenz die Ellbogen-Politik von Trump belohnt und bestätigt."

(kd/ mar)
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