Machtkampf in Brasilien Mehrheit gegen Rousseff beinahe sicher

Brasilia · Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff scheint ihren Kampf um die Macht zu verlieren. Die Mehrheit der Senatoren für ihre Absetzung scheint zu stehen. Der Nachfolger will Mittwoch zum G20-Gipfel nach China reisen.

 Gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff läuft ein Amtsenthebungsverfahren.

Gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff läuft ein Amtsenthebungsverfahren.

Foto: afp, es

Nach einem monatelangen Machtkampf steht Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff vor der Amtsenthebung. Vor den finalen Beratungen am Dienstag und der folgenden Abstimmung im Senat zeichnete sich trotz einer flammenden Verteidigungsrede Rousseffs die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit dafür ab.

Notwendig sind 54 Stimmen der 81 Senatoren. Rund 50 Senatoren haben bereits ihre Zustimmung klar signalisiert, knapp 20 wollen mit "Nein" Stimmen. Die meisten der sich noch bedeckt haltenden Senatoren gelten als Unterstützer der Absetzung der 68-Jährigen.

In der brasilianischen Geschichte hat es so ein Verfahren zuvor erst einmal gegeben. Fernando Collor de Mello wurde wie Rousseff 1992 suspendiert. Ihm wurde Korruption zur Last gelegt, bei Rousseff geht es um Bilanztricks zur Schönung des Staatsdefizits. Collor de Mello trat damals aber kurz vor dem Senatsvotum zurück.

Marathonsitzung dauerte zwölf Stunden

Er ist heute Senator und urteilt damit auch über die Politikerin von der linken Arbeiterpartei. Sie sprach am Montag in einer mehr als zwölfstündigen Marathonsitzung des Senats von einem rein politisch motivierten Verfahren mit dem Zweck, die Arbeiterpartei nach 13 Jahren aus der Regierung zu drängen: "Ich habe nicht ein Verbrechen gegen meine Verantwortung begangen".

Das Land ist in ihrer seit 2011 andauernden Präsidentschaft in eine tiefe Rezession gerutscht, über elf Millionen Menschen sind arbeitslos. Rousseff spricht von einer "Allianz von Putschisten", die sich gebildet habe. Allerdings wurden alle verfassungsgemäßen Schritte eingehalten. Da jeder der 81 Senatoren zehn Minuten lang seine Beweggründe erläutern darf, wird mit einer Marathonsitzung gerechnet; womöglich ist die Abstimmung erst am Mittwochmorgen.

Temer hatte für Rousseff übernommen

Rousseffs bisheriger Vizepräsident Michel Temer von der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) hatte das Amt nach ihrer Suspendierung im Mai zunächst interimsweise übernommen. Durch ein Bündnis mit Oppositionsparteien waren die notwendigen Mehrheiten für das Impeachment-Verfahren zustande gekommen. Temer will mit Privatisierungen und Kürzungen im Staatsapparat das Land aus einer der tiefsten Rezessionen seiner Geschichte führen.

Er würde bei einer Amtsenthebung Rousseffs mit seiner Mitte-Rechts-Regierung bis 2018 im Amt bleiben und könnte als regulärer Präsident Mittwoch zum wichtigen G20-Gipfel nach China reisen.

(sb/dpa)
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