Neue Proteste in Russland Medwedew stellt Reformen in Aussicht

Moskau · Wieder haben sich am Wochenende Kritiker der russischen Regierung zu Protesten auf die Straße gewagt. Zwei Wochen nach der umstrittenen Parlamentswahl waren es abermals Tausende, die gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug demonstrierten. Präsident Medwedew spricht mittlerweile von Reformen.

Dmitri Medwedew - der sanfte Mann im Kreml
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Die Proteste am Wochenende fielen jedoch deutlich geringer aus, als noch in der Woche zuvor, als so viele Menschen auf die Straße gegangen waren, wie seit dem Ende der Sowjet-Ära nicht mehr. Die neu gewählte Duma tritt am Mittwoch zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, für den 24. Dezember ist eine neue Großdemonstration geplant.

Rund 4.000 Anhänger der Kommunistischen Partei (KP) versammelten sich am Sonntagnachmittag trotz stürmischen Wetters vor dem Kreml in Moskau. Auch in St. Petersburg gingen etwa 4.000 Unterstützer verschiedener politischer Strömungen auf die Straße. Sie machten ihrem Ärger über die Regierungspartei Einiges Russland und Ministerpräsident Wladimir Putin Luft und skandierten Parolen wie "Russland ohne Putin". "Die Wahl war getürkt", sagte eine Lehrerin bei der Demonstration in St. Petersburg. "Nachwahlbefragungen und offizielle Ergebnisse unterscheiden sich auf dramatische Art und Weise."

Kleinere Demonstrationen am Samstag

Auch am Samstag hatten in Moskau rund 1.000 Demonstranten Neuwahlen gefordert. Laut Medienberichten gingen weitere 500 Menschen in der sibirischen Stadt Irkutsk, mehrere Hundert in Jekaterinburg im Ural und rund 100 bei einer nicht genehmigten Demonstration in Samara im Süden des Landes auf die Straße. Dort wurden vier Demonstranten festgenommen.

"Wir brauchen eine neue Wahlgesetzgebung und neue, ehrliche Wahlen", sagte der Vorsitzende der Partei Jabloko, Grigori Jawlinski, bei der Kundgebung auf dem Bolotnaja-Platz nahe dem Kreml. Eine Woche zuvor hatten Zehntausende Menschen in mindestens 60 Städten gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug demonstriert.

Die Regierungspartei Einiges Russland hatte am 4. Dezember zwar schwere Verluste hinnehmen müssen, jedoch eine knappe Mehrheit erzielt. Örtliche und internationale Wahlbeobachter berichteten von Manipulationen und Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen.

Opposition hofft auf Großdemonstration am 24. Dezember

Präsident Dmitri Medwedew warnte am Samstag vor Versuchen, die Regierung zu "delegitimieren". Es drohe ein Zusammenbruch des Staates. Wie bereits Ministerpräsident Putin kündigte er jedoch eine Reform des politischen Systems an. "Das alte Modell hat sich erschöpft", sagte Medwedew. Putin hatte dieser Tage Forderungen nach einer Wahlwiederholung zurückgewiesen.

Unbeeindruckt von den vagen Zusagen der Regierung will die Opposition mit weiteren Protesten den Druck auf den Kreml aufrechterhalten. Große Hoffnungen ruhen dabei auf einer Demonstration am kommenden Samstag. Die Organisatoren hoffen, dann mindestens 50.000 Teilnehmer zu versammeln.

Derweil nominierte die KP am Samstag ihren Führer Gennadi Sjuganow für die im März anstehenden Präsidentschaftswahlen.
Sjuganow hatte bereits 1996 Boris Jelzin in eine Stichwahl gezwungen, diese aber verloren. Obwohl die Unterstützung für die KP seitdem zurückgegangen ist, könnte der Politiker Protestwähler gegen Putin anziehen.

(APD)
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