Veto für Versammlungsfreiheit Medwedew hilft der Opposition

Moskau (RPO). Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat sich zur Überraschung seiner Kritiker für Versammlungsfreiheit in dem Land eingesetzt. Der Staatschef legte am Samstag sein Veto gegen ein bereits vom Parlament beschlossenes Gesetzesprojekt ein. Es hätte Proteste von Oppositionellen weiter eingeschränkt. In Moskau wurde am Samstagmorgen der angesehene Journalist Oleg Kaschin überfallen und fast zu Tode geprügelt.

Dmitri Medwedew - der sanfte Mann im Kreml
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Das Gesetz habe "Aspekte, welche die Umsetzung des Verfassungsrechts der Bürger behindern könnten, Versammlungen und Demonstrationen abzuhalten", erklärte Medwedew nach Angaben des Kreml in einem Brief an Parlamentspräsident Boris Gryslow. Öffentliche Treffen seien "eines der effektivsten Mittel, um die Aktivitäten des Staates und der Behörden zu beeinflussen", erklärte er.

Das neue Gesetz wurde bereits von beiden russischen Parlamentskammern verabschiedet. Durch Medwedews Unterschrift hätte es Gesetzeskraft erhalten. Nach den geplanten Änderungen wäre es jedem, der bereits wegen der Organisation einer illegalen Demonstration verurteilt wurde, verboten gewesen, die Genehmigung für eine Kundgebung zu beantragen.

Die russische Polizei geht regelmäßig hart gegen oppositionelle Demonstranten vor, die oft von vorneherein keine Erlaubnis für ihre Proteste erhalten. Unter dem neuen Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin entspannte sich die Lage in den vergangenen Wochen etwas, erstmals durften etwa Homosexuelle in der russischen Hauptstadt demonstrieren.

Der prominente Bürgerrechtler Lew Ponomarew begrüßte das Veto des Präsidenten. "Es zeigt, dass wir uns nicht nur auf dem Papier auf europäische demokratische Standards zubewegen", sagte er der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Die Aktivistin Ljudmila Alexejewa erklärte, Medwedew habe die "Sinnlosigkeit des Gesetzes erkannt".

Vor seinem Haus in Moskau wurde am Samstagmorgen der prominente Journalist Kaschin überfallen und zusammengeschlagen. Wegen seiner schweren Verletzungen musste der 30-Jährige ins künstliche Koma versetzt werden, wie seine Zeitung "Kommersant" mitteilte. Kaschin erlitt einen mehrfachen Kieferbruch und eine Gehirnerschütterung. Beide Schienbeine seien gebrochen, ein Finger habe amputiert werden müssen, schrieb "Kommersant".

Kaschin schrieb in der Vergangenheit wiederholt über Demonstrationen der Opposition. Medwedew beauftragte Generalstaatsanwalt Juri Tschaika und Innenminister Raschid Nurgalijew mit der Leitung von Ermittlungen.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) äußerte ihre Betroffenheit. "Dies ist ein trauriger Tag für Europa. Es gibt zu denken, dass die Serie politisch motivierter Anschläge auf Journalisten nicht abreißt", hieß es in der in Berlin veröffentlichten Erklärung.

(AFP/pst)
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