Grauenhafter Fund in der Ukraine Massengrab in Slawjansk entdeckt

Vor drei Wochen verließen die Separatisten die ostukrainische Stadt Slawjansk. Anwohner machten grauenhafte Funde. Wie Menschenrechtsaktivisten berichten, untersuchen Helfer derzeit ein Massengrab. Ukrainische Behörden gehen davon aus, dass es nicht das einzige ist.

Ukraine: Angeblich Massengrab in Slawjansk entdeckt
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Ukraine: Angeblich Massengrab in Slawjansk entdeckt

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In der vom Krieg heimgesuchten Stadt hat die Suche nach Massengräbern aus den Monaten der gewalttätigen Auseinandersetzungen begonnen. Im Stadtzentrum wurden die Leichen von vier Kirchgängern gefunden, die nach einem Gottesdienst am 8. Juni entführt worden waren und seitdem nicht mehr gesehen wurden, wie Anton Geraschtschenko vom ukrainischen Innenministerium erklärte.

Geraschtschenko sprach von einem "Massengrab", in dem auch noch die Leichen von 20 getöteten Aufständischen vermutet werden. "Wir wissen, dass weitere Massengräber in der Stadt existieren, aber wir wissen nicht wo - und dies ist das erste, das wir geöffnet haben", sagte Geraschtschenko.

Das Auffinden der vier Leichen gelang in kurzer Zeit, weil Anwohner am 11. Juni beobachtet hatten, wie ein Lastwagen vorfuhr und in Tücher gehüllte Leichen in eine Grube warf.

Eine Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete ebenfalls vom Fund eines Massengrabes am Donnerstag. Acht Leichen seien gefunden worden. Als sie die Fundstelle verlassen habe, dauerte die Suche an. Es könnten noch mehrere Menschen verscharrt worden sein.

Ob es sich bei den Toten um die Opfer eines Kriegsverbrechens handelt, ist allerdings noch nicht zu beurteilen. Slawjansk hat bis heute immer wieder mit Stromausfällen zu kämpfen, auch die Kühlung in der Leichenhalle könnte davon betroffen gewesen sein. Nachbarn hätten ihr mitgeteilt, es habe zu der fraglichen Zeit keinen Strom gegeben.

Die prorussischen Aufständischen zogen sich am 5. Juli angesichts des Vormarschs der Regierungstruppen aus der Stadt in der Ostukraine zurück. Im April hatten die Separatisten in Slawjansk die Oberhand gewonnen und die Stadt zu einer ihrer Hochburgen ausgebaut.

Auch am Fundort der Malaysian Airlines Maschine dauert die Suche an. Aber auch die Komplikationen. Angesichts der Behinderungen der Bergungsarbeiten wollen Australien und die Niederlande eigene Sicherheitskräfte zum Absturzort schicken.

Gut eine Woche nach der Katastrophe mit 298 Toten sprach der australische Premierminister Tony Abbott am Freitag von 190 Soldaten und Polizisten, die "zum Teil bewaffnet sein könnten". Die Niederlande bereiteten die Entsendung von 40 unbewaffneten Polizisten vor. Abbott sprach von einer "humanitären Mission", deren Bedingungen in einem Abkommen mit der Regierung in Kiew festgelegt würden. Das Ziel bestehe darin, die 28 australischen Insassen der Maschine, die zu den insgesamt 298 Toten gehören, in die Heimat zu bringen. Das Abkommen mit der ukrainischen Regierung stehe kurz vor dem Abschluss, sagte Abbott. 90 australische Polizisten wurden bereits nach Europa verlegt, hundert weitere Sicherheitskräfte, dieses Mal Soldaten, sollen laut Abbott folgen. Die australischen Sicherheitskräfte sollen sich an einem internationalen Einsatz beteiligen, der am Absturzort nach verbliebenen Todesopfern und Hinweisen auf die Absturzursache sucht.

Ein Großteil der Leichen wurde inzwischen in die Niederlande ausgeflogen, die die Leitung des Einsatzes übernommen haben. Die Niederlande bereiteten nach Angaben von Ministerpräsident Mark Rutte die Entsendung von 40 Polizisten und 23 Ermittlern vor. Die Suche nach den Leichen und die Ermittlungen wurden bislang erheblich dadurch beeinträchtigt, dass das Absturzgebiet von prorussischen Separatisten kontrolliert wird, die die ukrainischen Sicherheitskräfte bekämpfen.

Die US-Regierung verfügt nach eigenen Angaben über Beweise dafür, dass Russlands Truppen von russischem Territorium aus ukrainische Armeestellungen mit Artillerie beschießen. Moskau plane zudem, weitere Raketenwerfer an die pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine zu liefern, sagte Vize-Außenamtssprecherin Marie Harf in Washington. Durch die Ukraine-Krise sind nach Angaben der Vereinten Nationen mittlerweile 230.000 Menschen zu Flüchtlingen geworden. Rund 130.000 Ukrainer seien vor den Kämpfen nach Russland geflohen, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mit. Fast 100.000 weitere Menschen seien Binnenflüchtlinge. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko lehnte am Freitag den Rücktritt der Regierung ab und forderte das Parlament auf, der Regierung das Vertrauen auszusprechen. Das Auseinanderbrechen der Koalition sei "kein Grund für den Rücktritt der Regierung", erklärte Poroschenko in einem Schreiben an Parlamentspräsident Alexander Turtschinow. Er hoffe, dass sich die Gemüter beruhigten und der Verantwortungssinn obsiege. Regierungschef Arseni Jazenjuk hatte am Donnerstag seinen Rücktritt erklärt, nachdem zwei Parteien aus der Regierungskoalition ausgetreten waren. Diese wollen mit ihrem Schritt von Poroschenko gewünschte vorgezogene Parlamentswahlen im Herbst ermöglichen.

Die ukrainischen Regierungstruppen gewannen nach Angaben des Präsidialamtes in Kiew die Kontrolle über die Stadt Lisitschansk, 90 Kilometer nördlich der Rebellenhochburg Lugansk, zurück. Die prorussischen Separatisten hatten Anfang April die 100.000-Einwohner-Stadt erobert. In den vergangenen Monaten wurden bei den Gefechten im Osten der Ukraine rund eintausend Menschen getötet. Russland will ab Montag seine Importe von Milchprodukten aus der Ukraine stoppen. Ein Vertreter der russischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Rosselchosnadsor sagte, die ukrainischen Behörden hätten nicht auf Anfragen der russischen Seite zu erhöhten Werten von Antibiotika und Bakterien in Milchprodukten reagiert.

(AFP)
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