Drastisches Programm verabschiedet Madrid will 27 Milliarden Euro einsparen

Madrid · Unbeeindruckt von landesweiten Protesten hat die spanische Regierung am Freitag für das laufende Haushaltsjahr ein Sparpaket über 27 Millionen Euro beschlossen. Vorgesehen sind Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen für Unternehmen. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria erklärte, die Ausgaben der Ministerien der Zentralregierung würden um durchschnittlich fast 17 Prozent gekürzt.

 Soraya Saenz de Santamaría hat die harten Sparmaßnahmen der spanischen Regierung vor der Presse erklärt.

Soraya Saenz de Santamaría hat die harten Sparmaßnahmen der spanischen Regierung vor der Presse erklärt.

Foto: afp, CRISTINA QUICLER

Die Bezüge der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst blieben eingefroren. Die Maßnahmen seien hart, aber notwendig, sagte sie. Finanzminister Cristóbal Montoro bezeichnete das Paket als größtes Sparbudget seit der Wiedereinführung der Demokratie im Jahr 1977. "Wir ergreifen außergewöhnliche Maßnahmen, weil auch die Situation außergewöhnlich ist", sagte er auf einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung, in der das Paket beschlossen wurde. Der Entwurf soll am Dienstag dem Parlament vorgelegt werden, das ihm voraussichtlich im Juni formell zustimmen dürfte.

Aus Protest gegen die Arbeitsmarktreformen hatten Gewerkschaften am Donnerstag zu einem Generalstreik aufgerufen. Der Massenausstand legte weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. In Madrid und anderen Städten gingen nach Schätzungen der Regierung rund 800.000 Menschen auf die Straßen.

176 Demonstranten festgenommen

Am Donnerstagabend schlugen die Proteste mancherorts in Gewalt um. In Barcelona schlugen am Donnerstagabend mit Hämmern und Steinen Schaufenster von Geschäften und Banken und setzten ein Café in Brand. Landesweit wurden nach Angaben der Behörden 176 Demonstranten festgenommen und 104 Menschen bei Zusammenstößen verletzt, darunter 58 Polizisten. Berichte über schwere Verletzungen lagen zunächst nicht vor.

Wirtschaftsminister Luis de Guindos verteidigte die schmerzhaften Einschnitte. "Spanien wird kein Problem mehr sein, vor allem für das spanische Volk, aber auch für die Europäische Union", sagte er am Freitag kurz vor einem Treffen mit EU-Kollegen in Kopenhagen.

Im Kampf gegen die Finanzkrise steht die spanische Regierung, noch keine 100 Tage im Amt, vor gewaltigen Aufgaben: Die Wirtschaft droht in eine Rezession hinabzugleiten, während die Banken nach dem Platzen der Immobilienblase Unmengen fauler Kredite zu schaffen machen. Die Arbeitslosenrate gilt mit fast 23 Prozent als die höchste in der Eurozone.

EU begrüßt Programm

EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) haben das neue spanische Sparprogramm von 27,3 Milliarden Euro begrüßt. Der Budgetentwurf für 2012 bestätige die Vereinbarung in der Eurogruppe, wonach das Defizit im laufenden Jahr auf 5,3 Prozent sinken solle, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag nach Beratungen mit den EU-Finanzministern in Kopenhagen. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen sagte, er schließe sich Rehns Einschätzung an."Die Verpflichtung der spanischen Regierung, im kommenden Jahr die Drei-Prozent-Grenze einzuhalten, ist von äußerster Wichtigkeit", sagte Rehn. Er erwarte dazu noch detaillierte Vorschläge aus Madrid.

Internationale Investoren und die Europäische Union verfolgen daher mit Sorge, ob die spanische Regierung die wirtschaftliche Wende herbeiführen und den öffentlichen Haushalt sanieren kann.Spanien will sein Haushaltsdefizit von 8,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2011 in diesem Jahr auf 5,3 Prozent senken. Eine Verringerung des Defizits könne mit Ausgabenkürzungen eher erreicht werden als mit Steuererhöhungen, sagte Wirtschaftsminister De Guindos. Er vertraue darauf, dass seine Kollegen in der Eurozone "die Bemühungen der spanischen Regierung voll und ganz verstehen" werde.

(dapd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort