Gewerkschaften kündigen Steik an Französische Regierung will Rentenalter auf 64 Jahre anheben

Paris · Die Rentenreform in Frankreich gilt als Schlüsselprojekt von Präsident Macron seit seinem Amtsantritt 2017 und ist stark umstritten. Jetzt wurden Details zu den geplanten Änderungen bekannt - erste Streikankündigungen ließen nicht lange auf sich warten.

 Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, nimmt im Elysee-Palast an einer Videokonferenz teil (Archivfoto).

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, nimmt im Elysee-Palast an einer Videokonferenz teil (Archivfoto).

Foto: dpa/Ludovic Marin

Wegen der angekündigten Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre haben die französischen Gewerkschaften für die kommende Woche einen ersten großen Streik- und Aktionstag angekündigt. Es gehe um den Beginn „einer machtvollen Mobilisierung“ über einen langen Zeitraum, erklärte ein Bündnis von acht großen Gewerkschaften am Dienstag. Die Regierung hatte zuvor angekündigt, das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2030 um zwei Jahre auf 64 Jahre anzuheben.

Die Reform ziele darauf ab, „das Gleichgewicht“ des Rentensystems im Jahr 2030 zu gewährleisten, sagte Premierministerin Elisabeth Borne bei der Vorstellung der Rentenreform Paris. Sie bezeichnete es als „unverantwortlich“, die Defizite „weiter anwachsen zu lassen“. Die Regierung warnt davor, dass die Rentenkasse bis 2030 ein Defizit von etwa 20 Milliarden Euro aufweisen könnte. Für Präsident Emmanuel Macron bedeutet die Rentenreform das Einlösen eines seiner wichtigsten Wahlversprechen.

Die Gewerkschaften erklärten hingegen, die Rentenreform werde „die Gesamtheit der Arbeiter und Arbeiterinnen mit voller Wucht treffen“. Am schwersten betroffen seien diejenigen, die früh zu arbeiten begonnen hätten und deren Lebenserwartung ohnehin niedriger sei als im Rest der Bevölkerung. Eine „derart brutale Reform“ wie jetzt geplant sei „durch nichts gerechtfertigt“.

Parallel zur Anhebung des Rentenalters soll die Beitragszeit schneller als bislang geplant auf 43 Jahre ansteigen. Zugleich soll die Mindestrente auf 1200 Euro steigen, möglicherweise auch rückwirkend. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag soll im Rahmen eines Nachtragshaushalts der Sozialversicherung am 23. Januar ins Kabinett eingebracht und bis zum Sommer verabschiedet werden.

Macron hatte ursprünglich eine Anhebung des Rentenalters auf 65 Jahre geplant. Das Zugeständnis könnte ihm Stimmen der Rechtskonservativen verschaffen. Da das Regierungslager seine absolute Mehrheit verloren hat, ist seine Partei auf ad-hoc-Koalitionen angewiesen.

Die Rechtspopulisten vom Rassemblement National bezeichnen die Reform als überflüssig. Sie verweisen darauf, dass die Rentenkasse derzeit einen Überschuss aufweise.

Das linke Lager protestiert gegen die Reformpläne und stellt sie als unsozial dar. Menschen mit anstrengenden Berufen seien auf Sonderregeln im Rentensystem angewiesen.

„Wenn es für Emmanuel Macron die wichtigste Reform sein soll, dann wird es für uns der wichtigste Arbeitskampf“, sagte Frédéric Souillot von der Gewerkschaft Force ouvrière. Die Gewerkschaft dürfte in den Protesten auch eine Bestätigung ihrer gesellschaftlichen Rolle suchen. Die Protestbewegung der Gelbwesten hatte sich Ende 2018 unabhängig von den Gewerkschaften mithilfe der sozialen Medien entwickelt.

Eine Anhebung des Rentenalters käme für viele einer Kürzung der Rente gleich, da der Anteil der arbeitenden Senioren in Frankreich relativ gering ist. Die Regierung will daher auch die Beschäftigung von Senioren fördern. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen offenlegen, wie viele Senioren sie beschäftigen.

Einen ersten Reformversuch hatte die Regierung nach Streiks, Massenprotesten und der Corona-Krise 2021 aufgeschoben. Derzeit gelten in Frankreich 42 unterschiedliche Rentensysteme.

Falls sich für die Reform keine Mehrheit abzeichnet, könnte die Premierministerin erneut den Verfassungsparagrafen 49.3 anwenden, der das Verabschieden eines Gesetzes ohne Abstimmung ermöglicht, wenn die Regierung einen anschließenden Misstrauensantrag übersteht.

(mzu/AFP)
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