Wahl-Farce in Weißrussland Lukaschenko verhöhnt Gegner als Feiglinge

Weißrussland gilt als letzte Diktatur Europas. Die Wahlen am Sonntag gleichen einer Farce. Die Opposition rief zum Boykott auf. Sie fürchtet massive Fälschungen. Präsident Lukaschenko hielt sich bei der Stimmabgabe mit derartiger Kritik nicht weiter auf und beschimpfte lieber die Opposition.

 Alexander Lukaschenko gibt sich fest vom Wahlsieg überzeugt.

Alexander Lukaschenko gibt sich fest vom Wahlsieg überzeugt.

Foto: afp, VIKTOR DRACHEV

"Das sind Feiglinge, die dem Volk nichts zu sagen haben", sagte Lukaschenko bei seiner Stimmabgabe in Minsk. Der Staatschef zeigte sich schon Stunden vor Schließung der Wahllokale siegessicher. Alle 110 Mandate würden in Regierungshand bleiben.

Die Gegner des Präsidenten hatten zum Boykott aufgerufen. Die Bürger des Landes sollten lieber Angeln gehen, Pilze sammeln oder Schach spielen. Regierungskritiker und unabhängige Experten bezeichneten die Wahl als undemokratisch. Staatsbeamte und Soldaten seien massenweise zur Abstimmung gezwungen worden

Bis zum Mittag lag die Wahlbeteiligung nach offiziellen Angaben aber bereits bei 26 Prozent. Damit besteht wohl kein Anlass, dass die Wahl wegen zu geringer Beteiligung für ungültig erklärt werden müsste.

"Wenn auch dieses Mal Zweifel an der Wahl des weißrussischen Volkes bestehen, dann weiß ich nicht, welche Standards überhaupt gut genug sind für künftige Wahlen", sagte Lukaschenko, der von seinem siebenjährigen Sohn begleitet wurde. Ein Orchester sorgte für festliche Atmosphäre.

Westliche Wahlbeobachter haben seit 1995 keine Wahl in Weißrussland mehr als frei und fair eingestuft. Dieses Mal hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) 330 Wahlbeobachter entsandt. Ihr Urteil wird für Montag erwartet. Deutschen Beobachtern wurde in diesem Jahr die Einreise verweigert.

Auf die Frage nach einer Anerkennung der Wahl durch den Westen, antwortete Lukaschenko: "Wir halten keine Wahlen ab für den Westen." Lukaschenko ist seit 1994 an der Macht und regiert die ehemalige Sowjetrepublik mit harter Hand. Er selbst wurde Ende 2010 wiedergewählt. Massenproteste wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung beantwortete er mit Gewalt und Festnahmen.

Experten zufolge ist die Opposition seitdem gespalten und nur begrenzt handlungsfähig. Oppositionellen zufolge sind viele Studenten unter der Androhung, ihre subventionierten Unterkünfte zu verlieren, zur Wahl genötigt worden. Die Ausgabe von Flugblättern zur Unterstützung ihrer Aktion wurde unterbunden. Im staatlichen Fernsehen wurde über den Boykottaufruf nicht berichtet.

Vor der Wahl des "Marionettenparlaments" habe es Todesdrohungen gegen die Opposition gegeben, kritisierte die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck (Grüne), der ebenfalls ein Visum verweigert worden war. Die EU müsse die Zivilgesellschaft in Minsk weiter unterstützen, appellierte die Osteuropaexpertin in Berlin.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) rechnete mit Massenfestnahmen, sollte es nach Schließung der Wahllokale zu Protesten kommen. "Nach der Präsidentenwahl 2010 verprügelte die Polizei zahlreiche friedliche Demonstranten, viele Oppositionelle wurden festgenommen. Ein ähnliches Vorgehen müssen wir auch diesmal befürchten", sagte AI-Expertin Jovanka Worner einer Mitteilung zufolge. Viele der Festgenommenen sitzen auch fast zwei Jahre nach den Protesten immer noch in Haft.

Die EU und die USA haben wegen schwerer Menschenrechtsverstöße Belarus mit Sanktionen belegt. Dazu gehören Reiseverbote und Kontosperrungen für Lukaschenko und viele seiner Gefolgsleute.

Zur Wahl waren etwa sieben Millionen Menschen aufgerufen. Das Parlament, in dem derzeit nur regimetreue Mandatsträger sitzen, hat in der von Lukaschenko autokratisch gesteuerten Politik kaum ein Mitspracherecht. Die Wahllokale sollten um 19.00 Uhr MESZ schließen. Das amtliche Endergebnis wird am Montag erwartet.

(dpa/REU)
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